Sonntag, 6. Mai 2018


Worüber reden wir, wenn wir über Kunst reden? – Teil 3
Vom Wirken der unsichtbaren Hand

„Ein tausendmal gelesenes Buch – das sind tausend verschiedene Bücher.“
Andrej Tarkowskij: Von der Verantwortung des Künstlers, 1967

„Erst durch die Handlung des Betrachters entsteht ein Werk.“
Franz Erhard Walther




4.5 Kunst in der Alltagssprache: Redewendungen

Alltagssprachliche Verwendung findet der Begriff ‚Kunst‘ auch in zahlreichen stehenden Redewendungen. Bei diesen Äußerungstypen handelt es sich um feste Wortverbindungen mit einer zeitunabhängigen etablierten Bedeutung. Sie haben eine solche Konventionalisierungsstufe erreicht, dass der Angesprochene nicht mehr die reflexive Intention, die Sprecher-Intention, erkennen muss, um zu verstehen, was gemeint ist. Der Gebrauch solcher Redewendungen stellt vielmehr eine kollektive Praxis dar, bei der die etablierte Verwendungsweise mit einer entsprechenden Verständnisweise korreliert.

In diesen Redewendungen finden jedoch keine der bisher genannten Gebrauchsweisen des Begriffs ‚Kunst‘ Anwendung, auch wenn sich die eine oder andere Redensart historisch auf eine solche zurückführen lässt. So ist es, angesichts der vielfältigen Facetten und Gebrauchsweisen des Begriffs ‚Kunst‘, trotz des Prozesses der sozialen Kristallisation einigermaßen erstaunlich, dass die meisten Sprecher der deutschen Sprache den Begriff (resp. den Äußerungstyp) in der Regel in allen Fällen angemessen verwenden: „Wir alle beherrschen die Semantik der Wörter unserer Alltagssprache normalerweise perfekt. (…) Aber wir sind im Allgemeinen nicht in der Lage, dieses implizite Wissen auch zu explizieren“ (Keller 2018b: 1).

Wir bezeichnen gerne so manches technisch feine Kabinettstückchen beim Fußball als brotlose Kunst, wenn es partout nicht zielführend ist (das Runde muss schließlich ins Eckige). In diesem Fall ist es auch egal, wenn das Kabinettstückchen von einem so filigranen Ballartisten wie Lionel Messi aufgeführt wurde, der sicherlich das beherrscht, was der Redakteur der Süddeutschen Zeitung, Philipp Selldorf, in der Bundesliga so sehr vermisst: Spielkunst37. Dieser heute noch als Suffix gebräuchliche Reflex alter Gebrauchsweisen des Begriffs ‚Kunst‘ rekurriert jedoch auf einen anderen Gebrauch des Begriffs als der metaphorische Sprachgebrauch ‚brotlose Kunst‘. Denn dieser hat heute gar nichts mehr mit Kunst zu tun. So kann ein Helikoptervater eingedenk des Hype um die MINT-Fächer dem lieben Nachwuchs das Studium der Geisteswissenschaften durchaus mit den Worten vergällen, dass dies doch brotlose Kunst sei. Wobei wir uns in diesem Fall jedoch, unbewusst, der ursprünglichen, wörtlichen Bedeutung annähern. Denn als brotlos wurden ehedem die künstlerischen, vor allem die musischen Berufe bezeichnet, bei denen man sein Brot mehr als sauer verdienen musste, um am Ende doch am Hungertuch zu nagen.

Ein so gewiefter wie eloquenter Strafverteidiger kann die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft nach allen Regeln der Kunst auseinandernehmen, ohne dass wir ihm gleich unterstellen würden, ein Künstler zu sein. Gleichwohl beherrscht er ganz offensichtlich das, was einmal ‚Redekunst‘ geheißen und deshalb zu den Künsten gezählt wurde. Aber auch dieser versierte Vertreter seiner Zunft wird sich kaum darüber bewusst sein, dass hier ein wahrer, wörtlicher Kern in metaphorischer Schale steckt: Etwa ab dem 14. Jahrhundert entstanden Regelwerke, Notationen für Musikstücke. In ihnen wurden erstmals Regeln für Gesang, für Tasten- und Saiteninstrumente schriftlich festgehalten. Wer nun diese perfekt beherrschte, beherrschte sein Instrument eben nach allen Regeln der Kunst.

Heutzutage kann jeder, egal ob Polier, Zahnarzt oder Bibliothekar, mit seiner Kunst am Ende sein. Aber das gilt nicht nur für den jeweilig ausgeübten Beruf. Auch wenn es um das Hobby geht oder um die Ausübung elterlicher Pflichten ist diese Aussage, sollte sie denn zutreffen, angemessen. Bisweilen mache selbst ich von dieser Aussage Gebrauch. Dann wende ich mich aber nicht, wie weiland Faust, der ‚schwarzen Kunst‘, der Magie, zu. Sondern würde, wenn es nicht anders geht, eher dazu neigen, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. In diesem Fall würde ich es allerdings angesichts meines seelischen Zustands als reichlich unpassend empfinden, von dem behandelnden Psychologen ganz jovial mit den Worten begrüßt zu werden: Na, was macht die Kunst? Jeder weiß – implizit, nicht explizit – um die Regeln des Gebrauchs dieses Äußerungstyps: Es ist eine Begrüßungsformel unter Freunden und Bekannten, sie ist also für den Psychologen im therapeutischen Kontext grundsätzlich unpassend (selbst wenn er ein Freund oder Bekannter wäre). Aber auch für Freunde und Bekannte verbietet sich eigentlich diese Begrüßungsformel, so sie denn um meine Probleme wissen.

Da, wo es heute ganz allgemein um die Frage nach dem Befinden geht, wurde früher ganz konkret nach dem Befinden im Beruf gefragt. So in Gotthold Ephraim Lessings Trauerspiel ‚Emilia Galotti‘, wo Hettore Gonzaga, der Prinz von Guastalla, den Hofmaler Conti fragt: „Guten Morgen, Conti. Wie leben Sie? Was macht die Kunst?“  Worauf Conti antwortet: „Prinz, die Kunst geht nach Brot." Da ist sie wieder, die brotlose Kunst.

Das ist doch keine Kunst, einen Handstand zu machen, wird mir ein geübter Turner sicherlich sagen, wenn er sieht, wie ich mich ungelenk abmühe, einen solchen zu machen. Ich bin da entschieden anderer Ansicht als er: Es zu können ist eine Kunst für sich. Möglicherweise wird er mir auf meinen Einwand entgegnen: Ach was – die Kunst besteht darin, sich zu überwinden. Aber unabhängig davon, wie nun der Disput zwischen dem Turner und mir ausgehen mag: Hier und in allen anderen Redewendungen hat ‚Kunst‘ nichts (oder nichts mehr) mit Kunst (weder mit unserem heutigen noch mit dem ehemaligen Gebrauch resp. Verständnis) zu tun, sondern allein etwas mit Können. Was etymologisch gesehen sogar korrekt ist. Denn das althochdeutsche Wort ‚kunst’ ist ein Verbalabstraktum zu ‚können’. Allerdings bedeutete es nicht ‚Können‘ im heutigen Sinn, sondern ‚Wissen, Verstehen‘ und war eine Lehnbedeutung, die sich aus der Übersetzung des lateinischen ars und griechischen techné herleitete.  

Heute jedoch, so können wir es dem Duden in der Bedeutungsübersicht zum Begriff ‚Kunst‘ online entnehmen (www.duden.de/rechtschreibung/Kunst#Bedeutung2), versteht man unter Können eher ein „besonderes Geschick, [erworbene] Fertigkeit auf einem bestimmten Gebiet“. In dieser Gebrauchsweise des Begriffs kann dann schon mal etwas zur Kunst erhoben werden, was bestenfalls eine Fähigkeit resp. Fertigkeit ist. So etwa die Kunst des Schweigens. Oder die der Zweideutigkeit, der Entsagung und der Annäherung. Doch was ist mit der Kunst des Lesens und Schreibens, die doch soziokulturell ein deutlich höheren Stellenwert besitzt als jene vorgenannten Künste? Und die Kunst der Architekturfotografie? Ist sie vielleicht nicht mehr nur ein Können, sondern bereits Kunst?



5.  Kunsttheorie und Kunstästhetik

5.1 Reinold Schmücker: Was ist Kunst?

5.1.1 Der Kunstbegriff als Beurteilungsbegriff.
         Oder: Wie erkenne ich ein Kunstwerk als Kunstwerk?

In seiner 1998 veröffentlichten Dissertation hat der Kunstphilosoph Reinold Schmücker eine für den Diskurs in der deutschsprachigen Ästhetik zentrale Arbeit vorgelegt, die bereits in ihrem Titel gleich in zweifacher Weise einen hehren Anspruch erhebt. Zum einen stellt sie dort die Frage aller Fragen des Kunstdiskurses, die Frage nach der „Eigenart der Kunst als Kunst: das, was man traditionell ihr Wesen nennt“ (Schmücker 2017: 7). Es ist dies die „Frage nach den essentiellen Eigenschaften von Kunstwerken“ (Lüdeking 1998: 204), die ‚metaphysische‘ Frage: Was ist Kunst? Zum anderen beansprucht die Arbeit, so heißt es im Untertitel, nichts weniger als eine kritische „Grundlegung der Kunstphilosophie“ zu sein. Dabei reflektiert Schmücker jedoch nicht, wie man vermuten könnte, den Begriff der ‚Kunst‘ im Allgemeinen und seine vielfältigen Gebrauchsweisen im Speziellen. Nein, im Gegenteil. Er umgeht auf denkbar einfachste Weise die Klippe, auf die der Kunstphilosoph Karlheinz Lüdeking unter Bezug auf Wittgenstein hinwies: „Es gibt offenbar so viele verschiedene, sich widersprechende Verwendungsweisen des Kunstbegriffs, daß man davon verwirrt wird, denn eine solche Verwirrung entsteht vornehmlich dann, wenn ‚wir versucht sind, ein Wort in mehreren verschiedenen Weisen zu gebrauchen‘“ (Lüdeking 1998: 204). Schmücker reduziert schlicht den Gegenstand seiner Betrachtung, den er als den eigentlichen Gegenstand der Betrachtung der Kunstphilosophie ausgibt, auf genau eine Gebrauchsweise, klammert also alle anderen aus, als ließe sich so das Problem problemlos lösen: „Um Kunst geht es ihr (…) nur in jenem speziellen Sinn, in dem das deutsche Wort bestimmte Gegenstände ästhetischer Erfahrung meint – kurz: ästhetische Kunst“ (Schmücker 2014: 65/67). Nur konsequent, dass er in der Folge statt von ‚Kunstphilosophie‘ nur noch von der „Kunstästhetik als philosophische Theorie ästhetischer Kunst“ (Schmücker 2014: 67) sprechen möchte.

Schmücker geht es also um die „Kunst als solche“ (Schmücker 2014: 10), um das „Wesen der ästhetischen Kunst“ (Schmücker 2014: 9), das er als eben „jene kunstspezifische Differenz“ (ebd: 9) identifiziert, „die Kunst von Nicht-Kunst trennt“ (ebd: 9). Weshalb er in seinem Versuch, diese Differenz klassifikatorisch zu bestimmen, eine Grundlegung für eine Kunsttheorie, aber keine Kunsttheorie sieht, die der Zahl der konkurrierenden Kunsttheorien und Kunstdefinitionen lediglich eine weitere hinzufügt – gerade in den letzten gut 70 Jahren ist, nicht zuletzt durch Ludwig Wittgenstein inspiriert und die sprachanalytische Philosophie befördert, die Anzahl der Positionen insbesondere im angelsächsischen Raum geradezu explodiert. Stellvertretend seien hier nur Paul Ziff, Morris Weitz, William E. Kennick, Nelson Goodman, Arthur C. Danto, Maurice Mandelbaum, Berys Gaut, Robert Stecker und Robert J. Matthews genannt. Schmücker will demnach nichts weniger als den Nachweis führen, „daß die Frage ‚Was ist Kunst?‘ sinnvoll und eine Antwort möglich ist“ (Schmücker 2014: 9). Mit anderen Worten: dass es das Wesen der Kunst gibt und benannt werden kann.

Hinter der Frage nach dem Wesen der Kunst steht jedoch weniger der Glaube an eine wie auch immer geartete mysteriöse, metaphysische essentia, die alle Kunstwerke gleichermaßen durchweht. Es ist weit mehr der selige Wunsch nach dem, was den Großteil der Kunstphilosophen, Kunstkritiker, Kunstwissenschaftler und kunstinteressierter Laien eint. Und das völlig unabhängig davon, ob sie, wie viele sprachanalytische Kunsttheoretiker es tun, „die Möglichkeit philosophischer Theorie über das Wesen der Kunst grundsätzlich in Abrede“ (Schmücker 2014: 19) stellen, oder sie, wie Schmücker, die gegensätzliche Position vertreten und ihre ‚Existenz‘ behaupten: Es geht allen im Grunde um die „Konzeption eines klassifikatorischen Kunstbegriffs“ (Lüdeking 1998: 205), um die Konstitution des Kunstbegriffs als „Beurteilungsbegriff“ (Schmücker 2014: 13).

Nun liegt aber in eben diesem frommen Wunsch das Kernproblem begründet: Es gibt diesen Begriff in der gewünschten Form nicht. Ja: Es kann ihn in dieser Form gar nicht geben. Wie wir anhand der Grice’schen nominalistischen Konzeption der Etablierung der Bedeutung aus dem singulären Gebrauch sowie Kellers Erklärung des Sprach- und Bedeutungswandels durch das Modell der unsichtbaren Hand (cf. Kap. 2 ff.) erkannt haben, gibt es strukturell nicht den einen, diachron ewig identischen, zudem verbindlich normativ und klassifikatorisch wirkenden Begriff, ganz egal, ob er ‚Kunst‘, ‚Kultur‘, ‚Zivilisation‘, ‚Moral‘ oder sonst wie heißt. Darüber hinaus gilt, zumindest für den Bereich der soziokulturellen Phänomene, dass auch sie sich nach dem Modell der unsichtbaren Hand ergeben, entwickeln und verändern: als kollektives, nicht-intendiertes Resultat individueller intentionaler Handlungen. Ganz egal, ob es sich nun um Kunst, Kultur, Zivilisation, Moral oder sonst etwas handelt. Und ihr Seinszustand ist jeweils der eines episodalen Ereignisses innerhalb eines Kontinuums, also eines nicht endenden, kontinuierlichen Wandels. Kontinuierlich zumindest solange, solange es handelnde Menschen gibt.

Sowohl jeder Begriff (‚Begriff‘ im Sinne von ‚Wort‘ wie auch von ‚Anschauung‘) als auch jedes soziokulturelle Phänomen sind flüchtige Naturen. In dem Moment, in dem man sie zu fassen sucht, sind sie bereits wieder vergangen. Verändert in kollektiven Prozessen, basierend auf individuellen Handlungen. Wobei sich in jedem synchronen Moment der Diachronie in jeder sozialen Gruppe, in jeder Gesellschaft, in jeder Kultur die Begriffe und die soziokulturellen Phänomene mitunter tausendfach, und sei es auch nur minimal anders, darstellen können. Wie sich angesichts dieses Umstands vermuten lässt, mündet die von Lüdeking angesprochene begriffliche Verwirrung derart vervielfacht zielsicher in ein komplettes Irresein, wenn nicht zur intellektuellen Notfallvorsorge eine verbindlich erscheinende klassifikatorische Kunstdefinition als Arbeitshypothese aufgestellt wird. So lässt sich den Beteiligten vielleicht für einen Moment eine gewisse Sicherheit im Sprachgebrauch und in der Beurteilung suggerieren. Aber dies darf immer nur unter einem prinzipiellen Erkenntnisvorbehalt geschehen: Wir hinken mit unseren definitorischen Versuchen den Gegebenheiten notwendigerweise hinterher, wollen festhalten, was de facto flüchtig ist.

Wenn Schmücker nun es dem linguistic turn, der „eigentlich eine sprachanalytische Horizonterweiterung ist“ (Schmücker 2017: 14), als Verdienst anrechnet, einen Maßstab geliefert zu haben, „an dem sich jedenfalls die Kunsttheorien, die uns nicht vorzuschreiben, sondern zu erklären suchen, was Kunst ist, messen lassen müssen: den (in einer Kultur) üblichen Gebrauch des Kunstbegriffs“ (Schmücker 2017: 14), so ist ihm unumwunden zuzustimmen. Allerdings mit einer nicht ganz unerheblichen Einschränkung, die sich aus dem Vorherigen ergibt:

Erstens gibt es nicht den einen üblichen Gebrauch des Kunstbegriffs (bestenfalls als idealtypische Gebrauchsweise). Zweitens ist jeder dieser Kunstbegriffe (jede Gebrauchsweise und jedes Verständnis) einem steten Wandel unterworfen (bei dem bestenfalls es eine temporäre diachrone Identität der Bedeutung gibt).

Auch darf nicht vergessen werden: Bei allem Respekt vor der Intelligenz, dem Wissen und der Kompetenz der Kunstexperten aller Fakultäten – nicht sie und schon gar nicht sie allein konstituieren gültige Kunstklassifikationen und Beurteilungskriterien. Zum einen entstehen diese immer zwingend auf Basis der jeweiligen Lebenswelten und der individuellen Sozialisationen, durch die ein jeder von ihnen ein vom ihm nicht explizierbares implizites Wissen um die Dinge mit sich herumträgt. Zum anderen bedeutet es eine völlige Überschätzung seiner selbst, ließe man den Einfluss der ungenannten, unbekannten Millionen Rezipienten im alltäglichen Leben auf die Zuschreibung von Werken als Kunst, auf die Konstitution, die Genese und den Wandel des Begriffs ‚Kunst‘ außer acht: Die in einer Kultur üblichen Gebrauchsweisen des Kunstbegriffs (vorausgesetzt, es gibt in der jeweiligen Kultur überhaupt einen solchen Begriff resp. eine solche Vorstellung) werden nicht, auch wenn sich das vielleicht der eine oder andere Theoretiker gerne wünschen würde, autoritativ und normativ gesetzt – sie werden in einem Invisible-hand-Prozess kollektiv ermittelt (deren Resultate, wie gesagt, immer nur episodale Ereignisse darstellen, die sich stets wandeln – die aber von uns Mängelwesen, die der Synchronie des Daseins verhaftet sind, als dauerhafte Einrichtungen erlebt werden: Wir nehmen das gerade Bestehende als Bestand an).

Das heißt: „(D)as alte Problem, wie man ein Kunstwerk als solches erkennt“, (Lüdeking 1998: 205) ist keines. Oder genauer gesagt: Es ist zum einen eines, das sich, überspitzt gesagt, in jedem Moment (in jeder sozialen Gruppe, jeder Gesellschaft und jeder Kultur…) jeweils von neuem stellt. Und zum anderen ist es eines, das sich in dieser Form nicht stellt. Denn wie gesehen lässt sich strukturell sowohl die Konstitution der Gebrauchsweise der Begriffs ‚Kunst‘, die Etablierung dessen, was unter ‚Kunst‘ verstanden und was als ‚Kunst‘ angesehen wird wie auch die Zuschreibung von etwas als Kunst ausgehend von einer singulären Handlung hin zu einer/m kollektiv resultierenden Gebrauchsweise/Verständnis/Ansicht/ Zuschreibung systematisch erklären.

Ein unbeabsichtigtes Resultat der kollektiv etablierten Zuschreibung von Werken als Kunst-Werke (oder auch der Zuschreibung einer Form künstlerischen Schaffens als ‚Kunst‘) ist das, was Lüdeking den ‚klassifikatorischen Kunstbegriff‘ und Schmücking den ‚Kunstbegriff als Beurteilungsbegriff‘ nennt – in gleicher Weise konstituieren sich die Regeln des Gebrauchs eines Begriffs, also die Gebrauchsweisen, die, so Wittgenstein, die „für eine große Klasse von Fällen“ (Wittgenstein 1977: 41, PU 43) gelten. Und solche unbeabsichtigten Resultate sind eben jene Phänomene, die Keller Phänomene der dritten Art nennt.

Die alltägliche Frage, ob das, was man gerade liest, sieht, hört, spürt, ein Kunstwerk ist oder nicht, lässt sich also nicht durch das nachträgliche Aufspüren obskurer klassifizierender, möglicherweise sogar essentialistischer Kriterien beantworten. Die Frage birgt vielmehr ihre eigene Antwort: Jede Beschäftigung mit dem Werk durch den Einzelnen, sei es unmittelbar, intuitiv oder reflexiv, bereitet die Zukunft vor – sie stellt die erste singuläre, individuell basierte Etappe zur nächsten Episode im Wandel des kollektiven Verständnisses wie auch der kollektiven Zuschreibung dar. Was bedeutet: Es gibt kein vorfindliches, verbindliches Kriterium der Beurteilung, es ergibt sich vielmehr erst nachträglich als kollektives Resultat aus dem steten Fluss der hunderttausendfachen individuellen Rezeption. An dem jeder, der eine mehr, der andere weniger, strukturell teilhat. Und damit Teil der Konstitution und des Wandels ist. Ohne es zu merken, ohne es zu wissen (hier verbirgt sich ein immenser, die Demokratie fördernder gesellschaftspädagogischer Auftrag: dass wir zukünftig nicht mehr, in der breiten Masse, nur unbewusst an der Kunst ‚teil-haben‘, sondern aktiv daran ‚teil-nehmen‘ [cf. Gadamer 2012: 39]).

Die Frage nach vorfindlichen Kriterien, wie wir ein Kunstwerk als Kunstwerk erkennen können, stellt sich also nicht. Wir sind als Rezipienten im kollektiven Verbund systematisch erst an der Bestimmung des Werks als Kunst-Werk beteiligt: „Der Mitspieler gehört zum Spiel“ (cf. Gadamer 2012: 42). So wie sich im Prozess der Etablierung der Gebrauchsweise eines Wortes, die seine Bedeutung ist (Wittgenstein 1977: 41, PU 43), die Regel des Gebrauchs ergibt, so ergibt sich auch das etablierte und damit kollektive Verständnis von dem, was Kunst ist und welches Werk ein Werk der Kunst ist, in einem Prozess der Etablierung der Gebrauchsweise und Zuschreibung (die Prozesse der unsichtbaren Hand38 sind) – zumindest gilt das für das Verständnis der Kunst seit dem von Gadamer beschriebenen Paradigmenwechsel in der Kunst im 18. Jahrhundert. Aus diesem Prozess der kollektiven Etablierung der Beurteilungskriterien (die uns wie objektive Kriterien erscheinen mögen, aber nun mal keine sind – und schon gar keine essentiellen) resultiert ein jeweils temporär akzeptierter, gleichsam von einer gewissen Gruppe (wie groß diese auch immer sein mag) internalisierter Maßstab. Vermöge dieses Maßstabs sehen wir bisweilen spontan und intuitiv in einem Werk ein Kunst-Werk so wie wir spontan und intuitiv richtig die ‚Regel‘ des Gebrauchs bestimmter Begriffe und Äußerungen beherrschen (ohne dass wir sie kennen oder explizieren könnten).


Dieser temporär akzeptierte Maßstab, der einem steten Wandel unterliegt, ist aber nicht zwingend gültig für alle Mitglieder einer Gesellschaft oder einer Kultur. Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass stets verschiedene Maßstäbe parallel nebeneinander in verschieden großen Gruppen existieren und miteinander konkurrieren. Besonders deutlich wird dies angesichts eines künstlerischen Schaffens, das die etwas abgewandelte Keller’sche Maxime der Originalität und Innovation überstrapaziert: „Mache Kunst so, dass du beachtest wirst.“

Nehme ich zu wenig Rücksicht auf einen Minimalkonsens in puncto Akzeptanz, gefährde ich eben diese – und damit den Erfolg meiner Absichten. Will ich auffallen und Erfolg haben, muss ich beide Typen von Maximen, statische wie auch dynamische, gleichzeitig befolgen. Und einen Kompromiss finden, der beiden gerecht wird. Denn die für unsere Zwecke modifizierte „Hypermaxime unseres Kommunizierens“ (Keller 2014: 142) lautet:
„Mache Kunst so, dass du die Ziele, die du mit ihr verfolgst, am ehesten erreichst.“ (Keller 2014: 142)

Tut der Künstler das nicht, läuft er, zumindest seit der Subjektivierung der Kunst ab dem 18. Jahrhundert, der Klassifizierung seines Schaffens als Kunst deutlich vorweg: Kunst wird prinzipiell erst nachträglich als ‚Kunst‘ im Sinne eines innerhalb einer Gruppe etablierten evaluativen Begriffs attribuiert – bei innovativer Kunst kann dieser Prozess Jahre und Jahrzehnte dauern. Vorausgesetzt, der Wandel temporär akzeptierter Maßstäbe meint es gnädig mit ihr.


5.1.2  Ein linguistischer Abgrenzungsversuch  

Ungeachtet dessen ist Reinold Schmücker der Auffassung, der Beantwortung der Frage nach der „Eigenart der Kunst als Kunst: das, was man traditionell ihr Wesen nennt“ (Schmücker 2017: 7), ein Stück näher kommen zu können. Mehr noch: Er meint durch eine linguistisch fundierte Abgrenzung verschiedener Gebrauchsweisen des Begriffs ‚Kunst‘ eindeutige lexikalisch-semantische Kriterien eruieren zu können, die es ihm ermöglichen zu sagen, wann wir von ‚ästhetischer Kunst‘ sprechen und wann nicht.

Da aber, wie gesehen, auch die Zuschreibung prinzipiell einem beständigen Wandlungsprozess unterworfen ist, der zudem noch asynchron zwischen verschiedenen Gruppen, Gesellschaften und Kulturen laufen kann, und es deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht immer nur genau eine und dann auch nicht eine für alle und alle Zeiten verbindliche Zuschreibung dessen gibt, was als Kunst resp. als ein Kunstwerk gilt, sondern es konkurrierende Zuschreibungen gibt, kann ein lexikalischer Indikator dementsprechend auch keine allgemein verbindliche Gültigkeit besitzen. Seine Aussagekraft ist immer eine relative: Sie gilt bestenfalls für eine bestimmte Gruppe (wie groß sie auch immer sein mag) innerhalb eines bestimmten Zeitraums (wie lang dieser auch immer sein mag) für eine bestimmte Anzahl von Künsten/für bestimmte Werke, die als Kunst-Werke angesehen werden (welche das auch immer sein mögen).

Wenn aber der lexikalische Indikator für den einen angemessen anzeigt, dass hier von (ästhetischer) Kunst gesprochen wird, für den anderen aber nicht (vielleicht ist er ja auch noch unentschieden), so können wir hier kaum von einem verbindlichen, etablierten lexikalischen Indikator für das reden, was Kunst ist (mithin also für das Wesen der Kunst), sondern lediglich dafür, welchen spezifischen künstlerischen Gestaltungsbereich eine bestimmte Person/Gruppe/Gesellschaft/Kultur zum jetzigen Zeitpunkt als Kunst erachtet und welches Werk sie mit dem Begriff ‚Kunst‘ attribuieren würde. Es ist also keine objektiver, sondern ein singulärer subjektiver, bestenfalls im Laufe des Prozesses erfolgreich kollektiv etablierter lexikalischer Indikator für das, was man für Kunst hält. So zeigt er zum Beispiel an, ob x und y für eine bestimmte Gruppe Kunst ist, nicht aber, ob x und y tatsächlich Kunst ist (da müsste das Werk schon an einem ominösen überzeitlichen, metaphysischen ‚Wesen‘ der Kunst teilhaben). Damit verlassen wir aber das Gebiet der Semantik und begeben uns tief ins Feld der Pragmatik (das Feld der Metaphysik überlasse ich anderen).

Zurück zu Schmücker und seinen lexikalisch-semantischen Kriterien, mit denen er glaubt, rein sprachlich feststellen zu können, wann wir von ‚Kunst‘ sprechen und wann nicht. Dazu identifiziert er drei seiner Ansicht nach „allgemeine lexikalische Grundbedeutungen“ (Schmücker 2014: 68 ff.) des Begriffs ‚Kunst‘ im heutigen Sprachgebrauch:
I)      die ästhetische Kunst
II)    die mechanische Kunst
III)  die bildende Kunst

Die ‚bildende Kunst‘, also die sich seit dem 17. Jahrhundert abzeichnende reduktionistische Tendenz der Gebrauchsweise (cf. Kap. 3.2 ff.) des Begriffs ‚Kunst‘, die nach und nach die anderen ‚schönen Künste‘ wie die Musik, die Literatur oder das Theater ausschloss, wird von Schmücker unter der ‚ästhetischen Kunst‘ subsumiert, so dass er schließlich nur noch mit zwei Kunst-Begriffen operiert:
(1)  die ästhetische Kunst
(2)  die mechanische Kunst

Die Weise, wie Schmücker den Begriff ‚ästhetische Kunst‘ verwendet, entspricht dem, was Kant ‚schöne Kunst‘39 nennt (Schmücker 2014: 69). Ihm ist „Kants Definition der mechanischen Kunst (…) allerdings zu speziell“ (ebd: 68). Schmücker möchte mit diesem Terminus nicht nur die Künste erfassen, die, wie für Kant, „die Herstellung eines möglichen Gegenstandes zum Ziel haben“ (ebd: 68), sondern auch all jene Künste, die sich alltagssprachlich als Kunst im Sinne einer Fertigkeit oder Fähigkeit auszeichnen (bis hin zur „Kunst des Kugelstoßens“ (ebd: 68). Im Rahmen dieser „definitorische(n) Grenzverschiebung gegenüber Kant“ (ebd: 69) erweitert er die Gebrauchsweise des Begriffs „auf eine bestimmte teleologische Handlungskompetenz“ (ebd: 73).

„Das Wort ‚Kunst‘ (besitzt) hinsichtlich ästhetischer Kunst artefaktbezeichnende40,
hinsichtlich einer mechanischen Kunst jedoch handlungskompetenzbezeichnende Kraft“ (Schmücker 2014: 73). Beide Künste sind für Schmücker jedoch nicht scharf voneinander getrennt, ist doch die mechanische Kunst subaltern in die ästhetischen Kunst involviert: Die mechanischen Künste „sind selbst niemals Kunstwerke, weil sie Fertigkeiten und keine Artefakte sind. Umgekehrt setzt ästhetische Kunst im allgemeinen die Beherrschung einer mechanischen Kunst seitens des Künstlers voraus“ (Schmücker 2014: 74).

Für Schmücker kann der Begriff ‚Artefakt‘ alles umfassen, was ‚künstlich‘ ist, also Resultat individuellen menschlichen Kunstschaffens ist, das als ästhetisch empfunden werden kann. Dazu zählt er, was „einerseits funktional, andererseits aber als Kunstwerk erfahrbar“ ist (ebd.: 74). So subsumiert er, ganz konsequent, auch die ‚Gebrauchskunst‘ darunter. Nur führt er als prototypisches Beispiel nicht, wie man vermuten könnte, kunstgewerbliche Artefakte an, sondern das Hundertwasserhaus und Warhols Mercedes-Cars (ebd.: 75). Beides Artefakte, die zwar ‚zu gebrauchen‘ sind, aber mithin keine Gebrauchskunst darstellen (zumindest nicht im heute etablierten Sinne auch des eigentlich synonymen Begriffs der ‚angewandten Kunst‘, der Artefakte kunstgewerblicher oder kunsthandwerklicher Art umfasst; im Steuerrecht gelten übrigens all jene „Kunstgegenstände, die nicht ‚als Kunstgegenstände anerkannt sind‘ und der regulären Abschreibung unterliegen“, als Gebrauchskunst: „Unter Gebrauchskunst sind daher Kunstgegenstände zu erfassen von geringerer Bedeutung, die sich in einem geringeren Wert widerspiegelt“ [NKR-SH 2018]).

Durch seine „definitorische Grenzverschiebung gegenüber Kant“ (Schmücker 2014: 69) hinsichtlich der Bestimmung der „Zweideutigkeit“ des Begriffs ‚Kunst‘, ‚ästhetische Kunst‘ vs. ‚mechanische Kunst‘ (was im Übrigen einen Akt autoritativer Sprachfestsetzung darstellt), meint Schmücker ein prototypisches Syntagma zu besitzen (darauf werde ich im Folgenden noch detailliert eingehen), das es ihm auf rein linguistischer Ebene ermöglicht zu erkennen, „ob von ästhetischer oder mechanischer Kunst die Rede ist“ (Schmücker 2014: 69). Darüber hinaus konstituiert diese Differenzierung der Künste laut Schmücker „in einer anderen Hinsicht ebenfalls eine Zweideutigkeit des Wortes ‚Kunst‘“ (Schmücker 2014: 72):

(3)  Kunst als Artefakt  (-> (1) ästhetische Kunst)
(4)  Kunst als teleologische Handlungskompetenz  (-> (2) mechanische Kunst)

Der Begriff ‚Zweideutigkeit‘ ist unglücklich gewählt, ist er doch selber zweideutig: Einerseits ist damit die Ambiguität gemeint, also die Doppel- oder Mehrdeutigkeit eines Begriffs, andererseits, und das ist der umgangssprachlich übliche Typus, der intentionale Gebrauch eines Begriffs (indem ich mich beispielsweise anzüglich äußere). Aber da Schmücker hier durchgehend den Begriff ‚Zweideutigkeit‘ statt ‚Ambiguität‘ benutzt, zudem der Differenz der Zweideutigkeit eine korrespondierende Zweideutigkeit „in einer anderen Hinsicht“ an die Seite stellt statt spätestens an dieser Stelle von Mehrdeutigkeit zu sprechen, ist davon auszugehen, dass dies eine bewusste, zielgerichtete Verwendung ist: Er will nicht einer Mehrdeutigkeit des Begriffs ‚Kunst‘ das Wort reden, da er erstens alles auf den Begriff der ‚ästhetischen Kunst‘ reduzieren und zweitens die Möglichkeit ihrer rein linguistischen Identifizierbarkeit behaupten will. So glaubt er mit linguistischen Mitteln „das Feld der Kunstästhetik abgesteckt“ (Schmücker 2014: 75) zu haben.

Dieser vermeintlich zweite Fall der Zweideutigkeit lässt sich, so Schmücker, sprachlich daran festmachen, dass man in manchen Fällen den Begriff „‚Kunst‘ bedeutungsneutral austauschen (kann) gegen die Vokabel ‚Kunstwerk‘“ (Schmücker 2014: 73) – nämlich überall da, wo von Kunst als Artefakt (3) die Rede ist. Damit meint er neben dem prototypischen Syntagma ein weiteres semantisches Instrument zu besitzen, das ihm auf rein sprachlicher Ebene ermöglicht festzustellen, ob von ästhetischer Kunst die Rede ist oder nicht: „‚Kunst‘ ist also nur hinsichtlich ästhetischer Kunst ein Synonym für ‚Kunstwerk‘“ (ebd: 73; damit wirft er die Gebrauchsweise des Begriffs ‚Kunst‘ als sozialer Institution und die des Begriffs ‚Kunst‘ als Attribution der Artefakte in eins). Wobei man sich hier schon etwas verwundert die Frage stellen darf, hinsichtlich welcher anderen Kunst denn wohl sonst noch die Rede von einem ‚Kunstwerk‘ sein könnte – die bildenden Künste subsumiert er unter die ästhetischen Künste und die mechanischen Künste können es ja nach eigener Aussage nicht sein, denn die „sind selbst niemals Kunstwerke, weil sie Fertigkeiten und keine Artefakte sind“ (ebd: 74). Und weitere Künste stehen für Schmücker nicht zur Diskussion.

Dabei erweitert er, ausgehend von der Gebrauchsweise ‚Kunst als Artefakt‘ (3), in einem Nebensatz beiläufig die Bedeutungen des Begriffs ‚Kunst‘ um zwei weitere Bedeutungen resp. Gebrauchsweisen auf nunmehr sechs, ohne jedoch auf diese Erweiterung in irgendeiner Form weiter einzugehen:

(5)  Kunst als „Sammelbegriff für mehrere
(6)  oder die Gesamtheit aller Kunstwerke“ (Schmücker 2014: 73/74)

Als prototypische Syntagma für eine rein linguistische Identifizierung ästhetischer oder mechanischer Kunst glaubt Schmücker dann „drei Typen syntagmatischer Kontextualisierung“ (Schmücker 2014: 70) sowie einen indifferenten Typus ausgemacht zu haben:

I)      „absoluter Gebrauch“
(Kunst tritt als Nomen ohne Artikel, Pronomen oder Attribution auf)
II)    „indefiniter Gebrauch“
(Kunst mit unbestimmtem Artikel)
III)  „definiter Gebrauch“
(Kunst mit bestimmtem Artikel oder näherer Bestimmung)
IV)  „Syntagmen, die sich keinem Typus zuordnen lassen“
(Dem Wort ‚Kunst‘ wird ein Interrogativpronomen (unter diesen Typus fällt dementsprechend auch der Gebrauch des Begriffs ‚Kunst‘ in Schmückers Eingangsfrage ‚Was ist Kunst?‘) oder ein Indefinitpronomen ‚keine(r)‘ vorangestellt).

Ø  Fall I), der ‚absolute Gebrauch‘, zeigt dem Hörer/Leser laut Schmücker eindeutig an, dass hier von ‚ästhetischer Kunst‘ die Rede ist.
Ø  Fall II), der ‚indefinite Gebrauch‘, zeigt demgegenüber an, dass von ‚mechanischer Kunst‘ die Rede ist.

Eine Erklärung, die ein Hörer/Leser, wie Schmücker selber sagt, eigentlich gar nicht benötigt. Denn „(w)er über Sprachkompetenz verfügt, weiß spontan“ (Schmücker 2014: 70), dass das so ist: Er verfügt über eben jenes implizite Wissen der Semantik der Wörter der Alltagssprache, von dem Keller sprach (cf. Kap. 4.4.1). Ein Wissen, das wir in der Regel nicht explizieren können.  


5.1.2.1         Absoluter Gebrauch  

Um nun den Fall I) „absoluter Gebrauch“ zu erläutern (in denen der BegriffKunst‘ als Nomen ohne Artikel, Pronomen oder Attribution auftritt), führt Schmücker folgende Beispiele an:

(a)  Ich schätze Kunst.
(b)  Ach so, der Klotz ist Kunst!
(c)  Ist das etwa alles Kunst?

Das rein linguistische Kriterium I), das Schmücker zur Bestimmung der Rede von ästhetischer Kunst anführt, klingt, selbst bei einem solch isolierten, also nicht in einen sprachlichen und/oder situativen Kontext eingebundenen Satz, zunächst einmal recht plausibel: Bei (a) handelt es sich um eine generelle Aussage zur ästhetischen Kunst (allerdings: hier befinden wir uns auf der Makroebene). Bei (b) weiß man, das ‚Kunst‘ auf ein Artefakt referiert (allerdings: hier befinden wir uns auf der Mikroebene). Und bei (c) lässt sich imaginieren, dass der Sprecher auf Objekte bildender Kunst Bezug nimmt. In diesen drei Fällen können wir davon ausgehen, dass das Thema der Sätze die ‚ästhetische Kunst‘ ist. Nur: Handelt es sich bei dem, worauf der Sprecher Bezug nimmt, seiner Meinung nach auch um ‚ästhetische Kunst‘? Oder bestreitet er vielleicht gerade, dass das, worum es hier geht, ‚ästhetische Kunst‘ ist?

(a) ist über jeden Zweifel erhaben. (b) lässt sich als Reaktion auf eine Aussage lesen, bei der es im Vorfeld gewisse Zweifel daran gab, ob es sich bei dem Objekt wirklich um ein Objekt ‚ästhetischer Kunst‘ handelte oder nicht doch eher um Kappes. Ein möglicher Dialog könnte lauten:

Was soll das denn sein?  /  Das ist ein echter Moore!  /  Ach so, der Klotz ist Kunst!

Wobei einem die Sprachkompetenz sagt: Wer zu einer Skulptur ‚Klotz‘ sagt, der ist nicht wirklich davon überzeugt, dass es sich hier um (ästhetische) Kunst handelt – der meint eher das Gegenteil dessen, was er sagt: Der Klotz ist keine Kunst!

Davon abgesehen, dass Schmücker hier zum einen klammheimlich Ebenen, die zu differenzieren sind, in einen Topf wirft – in (a) geht es um die Kunst als soziale Institution, in (b) hingegen um ein Artefakt – und zum anderen solche Fälle, in denen der Sprecher etwas anderes meint als das, was er sagt, in seiner linguistischen Systematik nicht berücksichtigt (das ist der Nachteil einer semantischen gegenüber einer pragmatischen Klassifikation):

Die ‚eigentliche‘ Aussage des Satzes (b) ‚Ach so, der Klotz ist Kunst!‘ kann durchaus lauten: ‚Der Klotz ist keine Kunst!‘. Damit würde aber keine Aussage vom Typus I), sondern vom Typus IV) „Syntagmen, die sich keinem Typus zuordnen lassen“ vorliegen. Rein lexikalisch muss die Formel des ‚absoluten Gebrauchs‘ – ‚Nomen ohne Artikel, Pronomen oder Attribution‘ – also nicht zwingend anzeigen, dass ausschließlich von ‚ästhetischer Kunst‘ die Rede ist. Es kann auch anzeigen, dass es sich um einen Disput darüber handelt, ob es um ästhetische Kunst geht oder nicht.

Aussage (b) zeigt also weder verbindlich an, dass es sich bei dem vorliegenden Werk um Kunst handelt noch ob der Sprecher der Ansicht ist, dass es sich dabei um Kunst handelt. Ja: Sie zeigt nicht einmal an, ob bei dem vorliegenden Werk überhaupt von Kunst in irgendeiner Form die Rede sein kann – vielleicht handelt es sich ja bei dem Klotz um einen gewöhnlichen Gesteinsbrocken, den der imaginäre Gesprächspartner mir nur als Kunst unterjubeln will.

Thema der Aussage (c) ‚Ist das etwa alles Kunst?‘ ist, so argumentiert Schmücker, die ästhetische Kunst – wie immer eindeutig zu identifizieren am ‚absoluten Gebrauch‘: Der Sprecher scheint davon auszugehen, dass es sich bei seinem Fund um ästhetische Kunst handelt. Offensichtlich ist er aber nicht einer der Monument Men, der gerade staunend das Kalibergwerk Kaiseroda betritt. Denn der würde diesen Satz wohl nicht als Frage formulieren, die ja eine gewisse Ungläubigkeit zum Ausdruck bringt. Was also, wenn es sich nicht um einen der Monument Men, sondern schlicht um einen Banausen handelt, der angesichts einer Unmenge dilettantisch gemalter röhrender Hirsche in Öl ernsthaft diese Frage stellt? Wie soll man ihm antworten? Ist das nun (ästhetische) Kunst, keine Kunst oder schlechte Kunst? Wo endet die deskriptive, wo beginnt die normativ-evaluative Begrifflichkeit? Ist schlechte Kunst nun Kunst, ergo ‚ästhetische Kunst‘, oder doch eher keine Kunst, nicht mal mechanische? Und was, wenn der Banause diese Frage in einem ganz anderen Kontext stellt? Zum Beispiel im Museum of Modern Art in New York? Dann klingt die Frage fast schon entsetzt nach: Soll das etwa Kunst sein? In diesem Fall meint auch er womöglich das Gegenteil dessen, was der Ausdruck Schmückers Ansicht nach anzeigt: Das ist keine (ästhetische) Kunst, das ist Schund!

Was hilft es uns also zu wissen, wann der linguistische Indikator das Thema „ästhetische Kunst“ anzeigt? Herzlich wenig. Wenn jemand voller Verzückung angesichts einer Müllhalde ausruft: Das ist Kunst!, so mag der Indikator ja deutlich anzeigen, dass hier von ‚ästhetischer Kunst‘ die Rede ist. Aber was sagt das aus? Selbst wenn ich, wie Schmücker behauptet, den Begriff ‚(ästhetische) Kunst‘ anstandslos durch ‚Kunstwerk‘ ersetzen kann, heißt das noch lange nicht, dass es sich bei den Referenzobjekten um ‚ästhetische Kunst‘ handelt, sondern nur, dass die betreffende Person, die gerade diesen entzückten Ausruf getätigt hat, sprachlich auf ‚ästhetische Kunst‘ Bezug genommen hat – unabhängig davon, ob es sich bei ihr um einen ausgewiesenen Experten, einen Menschen mit ausgeprägtem Hang zur Ironie oder einen langjährigen Insassen der örtlichen Nervenklinik handelt, der diesen Satz völlig zusammenhanglos und ohne intentionale Bezugnahme auf irgendein Referenzobjekt äußerte.


5.1.2.2         Indefiniter Gebrauch  

Um den Typus II) ‚indefiniten Gebrauch‘ zu illustrieren, in dem der Begriff ‚Kunst‘ mit unbestimmtem Artikel auftritt und somit laut Schmücker die ‚mechanische Kunst‘ anzeigt, wählte er folgende Beispiele:

(d)  Das ist ja wirklich eine Kunst!
(e)  Wer solch eine Kunst beherrscht, wird niemals darben.
(f)    In einer Kunst ist sie wohl Meisterin?

Das erste, was einem ein halbwegs ausgeprägtes Sprachgefühl in diesen Fällen vermittelt, ist sprachliches Unbehagen. Was sicherlich einerseits an der für unsere Ohren bisweilen etwas altertümlichen Redeweise (‚wird niemals darben‘; ‚ist sie wohl Meisterin‘) liegt, die Schmücker aus unerfindlichen Gründen gewählt hat, andererseits aber auch daran, dass wir angesichts der Unbestimmtheit der Aussage intuitiv Bestimmtheit fordern. Also eine situativ- und/oder sprachlich-kontextuelle Auflösung, damit wir wissen, worüber eigentlich geredet wird.

Der Bezugspunkt liegt stets außerhalb des Satzes. Natürlich würde Schmücker antworten: Man braucht solch einen Bezugspunkt als Auflösung doch gar nicht – mir zeigt ja der unbestimmte Artikel an, wovon die Rede ist! Er geht davon aus, dass ein isolierter Satz, der nicht in einen sprachlichen und/oder situativen Kontext eingebunden ist, imstande ist, einem Sprecher mit entsprechender Sprachkompetenz eindeutig anzuzeigen, über welche ‚Kunst‘ hier gesprochen wird. Die Frage ist nun erstens: Ist das so? Ist dieser linguistische Indikator hinreichend? Oder könnte damit nicht auch auf ‚ästhetische Kunst‘ Bezug genommen werden (wenn dem so wäre, würde zumindest dieser Teil der Theorie damit falsifiziert werden)? Und zweitens: Ist dem Hörer/Leser in einer konkreten Gesprächssituation dieser linguistische Indikator schon völlig ausreichend? Oder erwartet er nicht, weil er nicht so recht weiß, worauf sich diese Aussage nun konkret bezieht, eine explizite Auflösung, damit er weiß, um was es sich hier genau handelt?

Wenden wir uns der zweifelnden Frage zu: Zeigt ‚indefiniter Gebrauch‘ eindeutig die Rede von mechanische Kunst an? Um diesen Zweifel ausräumen zu können, müssen wir nicht allein die Aussagen (d) – (f) betrachten, sondern auch mögliche Auflösungen durchexerzieren, um so empirisch belegen zu können, dass die These stimmt. Nehmen wir deshalb für den Fall (d) Das ist ja wirklich eine Kunst! einmal folgende Auflösung an:

(D) Brotbacken ist ja wirklich eine Kunst!

Unsere Sprachkompetenz vermeldet uns kein Störgefühl, die Regel des Gebrauchs scheint nicht verletzt zu sein – anscheinend zeigt der unbestimmte Artikel tatsächlich an, dass hier von einer mechanischen Kunst geredet wird. Was Schmückers These bestätigen würde. Aber es darf nicht ein einziger Fall vorkommen, bei dem das Gegenteil der Fall ist – dies würde seine These widerlegen (das Hume’sche Induktionsproblem lassen wir hier einmal beiseite). Wie sieht es nun mit folgenden Beispielen aus:

(DI) Malen ist ja wirklich eine Kunst!
(DII) Schreiben ist ja wirklich eine Kunst!

Ein Großteil der sprachkompetenten Sprecher der deutschen Sprache wird an (DI) und (DII) nichts auszusetzen haben. Noch deutlicher wird dies vielleicht, wenn wir den Satz etwas erweitern, so dass wir eine stehende deutsche Redewendung erhalten (cf. Kap. 4.4.1):

(DIII) Schreiben ist ja wirklich eine Kunst für sich!

Unser Sprachgefühl sagt uns, dass weder an (D), (DI) noch an (DII) oder (DIII) etwas auszusetzen ist. Wenn daran aber nichts auszusetzen ist – was sagen uns dann diese Sätze? Genauer gesagt: Was sagen sie uns laut Schmücker? Brotbacken ist eine mechanische Kunst, Schreiben ließe sich, wie das Malen, eher der ästhetischen Kunst zuzurechnen. Der unbestimmte Artikel weist jedoch, so Schmücker, unmissverständlich auf das Vorliegen einer mechanischen Kunst hin. Bleiben an dieser Stelle zwei Möglichkeiten:

1.    Die These ist falsch.
2.    Ein Hintertürchen wird geöffnet: Laut Schmücker steckt in jeder ästhetischen Kunst auch noch eine mechanische Kunst – wer einen Roman schreibt, also ein Artefakt erstellt, muss gleichzeitig eine mechanische Kunst beherrschen, das heißt eine Fertigkeit (in dem Falle: das Schreiben), in der Terminologie Schmückers: eine „handlungskompetenzbezeichnende Kraft“ (Schmücker 2014: 73) besitzen.

Dann könnte expliziert der Satz in etwa so lauten:

(DIV) Schreiben zu können ist ja wirklich eine Kunst (für sich)!

Was Schmücker sprachlich hier bei dem Begriff ‚Kunst‘ differenziert, ist damit lediglich die Unterscheidung zwischen einem Werk und einer Fertigkeit:

a. Rede ich von ‚Kunst‘, rede ich von ästhetischen Künsten:
von einem Artefakt, einem Kunstwerk (obwohl Schmücker in dem Beispielsatz für den absoluten Gebrauch (a) ‚Ich schätze Kunst.‘ die Doppeldeutigkeit des Begriffs ‚Kunst‘ als Artefakt und als soziale Institution in Kauf nimmt, ignoriert er sie: Sie würde sein schönes lexikalisches Grundmodell ins Wanken bringen) – er zählt alle Resultate individuellen menschlichen Kunstschaffens darunter, die als ästhetisch empfunden werden können. Bis hin zur Gebrauchskunst.
b. Rede ich von ‚eine Kunst‘, rede ich von mechanischen Künsten:
von zielgerichteten, handlungskompetenzbezeichnenden Fertigkeiten – die auch eben jene Fertigkeiten einschließen, die die Künstler fürs ästhetische Kunstschaffen benötigen.

Wie schon im Fall des ‚absoluten Gebrauchs‘, der die ästhetische Kunst anzeigen soll, so beschleicht einen auch im Fall des ‚indefiniten Gebrauch‘ das ungute Gefühl, dass mit einem rein lexikalischen Kriterium bestenfalls ein brauchbarer Indikator dafür gefunden ist, wovon die Rede ist. Aber noch nicht dafür, ob es sich bei dem, wovon die Rede ist, auch tatsächlich um eine mechanische Kunst handelt:  

(DV) Kirschkernweitspucken – das ist ja wirklich eine Kunst!

Hier erahnt man, wohin die von Schmücker vorgeschlagene ‚definitorische Grenzverschiebung gegenüber Kant‘ führen kann: Zu einer den Begriff der ‚Kunst‘ völlig entwertenden Inflation mechanischer, zumal gänzlich absurder Künste. Denn alles, was auch nur im Ansatz das Kriterium ‚handlungskompetenzbezeichnende Kraft‘ erfüllen kann, also alles, was sich irgendwie noch als eine Fertigkeit auffassen lässt, ist Schmücker bereit, als eine ‚mechanische Kunst‘ aufzufassen (und da ist das Kirschkernweitspucken noch lange nicht das absurdeste Beispiel). Er möchte einerseits den alltäglichen Sprachgebrauch als Indikator nutzen, entfernt sich andererseits aber in seiner Kunst-Klassifikation zunehmend von ihm: Welcher sprachkompetente Sprecher der deutschen Sprache spricht heute noch ernsthaft von der Kunst des Schreinerns? Oder, außer in diversen Lebenshilferatgeber im deutschen Buchhandel, von der Kunst des Redens, Sprechens, Lebens, Liebens, oder, wie Schmücker selbst, von der Kunst des Kugelstoßens, Stabhochspringens oder Autofahrens (Schmücker 2014: 69)?

Damit strapaziert Schmücker beide ‚Künste‘, die er im Rahmen seiner Grundlegung gelten lässt, die ästhetische und die mechanische Kunst, über alle Maßen:
• Unter die ästhetischen Künste subsumiert er alle Resultate individuellen menschlichen Kunstschaffens, die als ästhetisch empfunden werden können
• unter die mechanischen Künste ausnahmslos alle zielorientierten, handlungskompetenzbezeichnenden Fertigkeiten.

Anlass genug, die Sinnhaftigkeit eines solchen Unterfangens in Frage zu stellen.

Wie gesagt: Die Kombination ‚Nomen ‚Kunst‘ + unbestimmter Artikel‘ ist für Schmücker im alltagsprachlichen Gebrauch der lexikalische Indikator dafür, dass hier die Rede von mechanischen Künsten ist. Also die Rede von Fertigkeiten, nicht von Artefakten resp. Kunstwerken. Da stellt sich zum einen die Frage, warum Schmücker, wenn er denn schon den alltagssprachlichen Gebrauch als Indikator heranzieht, dann keine alltagssprachlichen Beispielsätze anführt, sondern arg verschwurbelte Konstruktionen. So wie:

(e) Wer solch eine Kunst beherrscht, wird niemals darben.
(f) In einer Kunst ist sie wohl Meisterin?

Zum anderen: Die Kombination ‚Nomen Kunst + unbestimmter Artikel‘, also die Formulierung ‚eine Kunst‘, ist in der deutschen Alltagssprache, außer in stehenden Redewendungen wie ‚ist eine Kunst für sich‘, recht ungebräuchlich. Was vielleicht auch ein Grund dafür ist, warum uns die Beispielsätze etwas konstruiert erscheinen – wer würde heute ernsthaft den Satz sagen: (f) In einer Kunst ist sie wohl Meisterin? Wenn aber kaum jemand in der Alltagssprache jemals solche Sätze sagt, in denen ein ‚indefiniter Gebrauch‘ vom Wort ‚Kunst‘ gemacht wird – welchen Aussagewert hat dann die Erkenntnis, dass der ‚indefinite Gebrauch‘ des Wort ‚Kunst‘ indiziert, dass es sich auf ‚mechanische Kunst‘ bezieht? Einen recht bescheidenen.

Gut, lassen wir dies für einen Moment einmal außer acht. Auch den Umstand, dass nicht recht ersichtlich ist, warum er eine solch ungewöhnliche Frageform als Beispiel wählt – die Frage ‚Ist sie wohl in einer Kunst Meisterin?‘ würde dem Sprachgefühl deutlich näher liegen. Oder eher noch: ‚In welcher Kunst ist sie wohl Meisterin?‘ Letztere Frage kann er aber in dieser Form nicht stellen, stellt sie doch keinen Fall eines indefiniten Gebrauchs dar, sondern, nach seiner Definition, ein Syntagma, das sich keinem der drei vorgenannten Typen eindeutig zuordnen lässt: ‚Nomen Kunst + Fragepronomen‘.

So aber muss Schmücker, um einen nach seiner These eindeutigen Fall vorzulegen, der erkennen lässt, dass von einer Fertigkeit, das heißt von einer mechanischen Kunst die Rede ist, eben jene ungebräuchliche sprachliche Konstruktion vorlegen, in der er ein vermeintlich alltagssprachlich gebräuchliches lexikalisches Indiz präsentiert:

     (f) In einer Kunst ist sie wohl Meisterin?

Prüfen wir einmal diesen Satz, indem wir versuchen, ihn zu falsifizieren. Also einen Fall zu finden, der zeigt, dass hier nicht von einer Fertigkeit, sondern von einem Artefakt (resp. einer sozialen Institution) namens ‚Kunst‘ die Rede ist. Dafür beantworten wir die Frage folgendermaßen:

(FI) Sie ist Meisterin in der Kunst des Kugelstoßens/Kirschkernweitspuckens/
      Malens/Schreibens/Tanzens.  

Ob Schmücker Recht damit hat, dass hier ein Fall von mechanischer Kunst vorliegt, lässt sich anhand der Antwort nicht unmittelbar überprüfen. Denn es liegt die Form ‚Nomen Kunst + bestimmter Artikel‘ vor, was auf einen ‚definiten Gebrauch‘ hinweist. Der ist jedoch indifferent: „(D)as definit gebrauchte Wort ‚Kunst‘ kann sich sowohl auf ästhetische als auch auf mechanische Kunst beziehen“ (Schmücker 2014: 70). Um dennoch feststellen zu können, „(w)elche Bedeutung das Wort ‚Kunst‘ besitzt“ (ebd: 71), reicht dann kein einfaches prototypisches Syntagma mehr, sondern es bedarf einer komplizierten Umformungsprobe mit einem „stilistisch mitunter erbärmliche(n) Resultat“ (ebd: 71). Mit ihr soll sich dann der definite Gebrauch bedeutungsneutral entweder auf einen absoluten Gebrauch (also ohne weitere Zusätze) zurückführen lassen, was auf die ästhetische Kunst verweist, oder auf einen indefiniten Gebrauch (also mit unbestimmtem Artikel), der auf die mechanische Kunst verweist.

Manchmal allerdings ist es noch schwieriger. Dann hängt es sogar, wie Schmücker en passant zugibt, „von sprachexternen Faktoren ab, welche Umformung adäquat erscheint“ (ebd: 71). Wie sich die Abhängigkeit von sprachexternen Faktoren mit der Behauptung verträgt, es gäbe sprachinterne, das heißt lexikalische Indikatoren, die ohne weitere kontextuelle Bezugnahme eindeutig aufweisen, ob von ästhetischer oder mechanischer Kunst die Rede ist, weiß wohl nur Schmücker selber.

Um herauszufinden, von welcher Kunst die Rede ist, führt Schmücker neben den nun sattsam bekannten lexikalischen Indikatoren und der Umformungsprobe auch die genannten sprachexternen Faktoren an, die er jedoch nicht weiter erläutert. Was er aber gänzlich unberücksichtigt lässt, ist eine weitere, sehr effektive Option: die Möglichkeit, durch einen fiktiven Dialog zu eruieren, welche Gebrauchsweise des Begriffs ‚Kunst‘ tatsächlich vorliegt.

Er unterlässt es wohl deshalb, weil er dann zum einen den Bereich der Semantik verlässt und den der Pragmatik betritt, was er ganz offensichtlich vermeiden will. Und zum anderen, weil es innerhalb eines Dialogs recht wahrscheinlich ist, dass in ihm nicht konsequent, wie von Schmücker gewünscht, nur von ‚Kunst‘ die Rede sein wird, sondern auch von Dingen, die den Begriff ‚Kunst‘ rückbezüglich näher erläutern. So wie in diesem kurzen Dialog:

(f) In einer Kunst ist sie wohl Meisterin?

(FII) Ja, in der Malerei ist sie wohl Meisterin.
(FIII) Ja, in der Literatur ist sie wohl Meisterin.  
(FIV) Ja, in der Kunst ist sie wohl Meisterin.  

Es dürfte wohl kaum jemanden geben, der eine dieser alternativen Antworten [(FII), (FIII), (FIV)] auf die Frage (f) als gänzlich unpassend empfindet. Auch dürfte es wohl kaum jemanden geben, der bei der Formulierung ‚in der Malerei‘ spontan an die mechanische Kunst und damit an die Fertigkeit ‚malen‘ denkt – der Gedanke an die Kunstgattung ‚Malerei‘ liegt hier deutlich näher. Gleiches gilt für (FIII), wo von der Literatur die Rede ist. Und im Fall (FIV) wird wohl niemand weder an eine Fertigkeit noch an eine spezifische Kunstgattung, sondern an die Kunst als solche denken. Das alles kann aber Schmücker ganz und gar nicht gefallen. Denn es würde sein Konzept von den eindeutigen lexikalischen Indikatoren weiter ins Wanken bringen, da die Indikatoren mitnichten eindeutig das Gewünschte anzeigen. Zudem wäre er gezwungen, weitere Gebrauchsweisen des Begriffs ‚Kunst‘ (als ästhetische Kunst) zu akzeptieren: Neben der Kunst als Kunstwerk noch die Kunst als Gattung sowie die Kunst als solche. Aber ausgerechnet von der mechanischen Kunst, die der indefinite Gebrauch (f) nach seiner Theorie ja eindeutig anzeigen sollte, wäre nicht die Rede.


5.1.2.3         Definiter Gebrauch  

Um den definiten Gebrauch ,Kunst mit bestimmtem Artikel oder näherer Bestimmung‘ in Sätzen zu illustrieren, gibt Schmücker folgende Beispiele:

(g)  Morgen zeige ich euch (die) Kunst der Neuen Wilden.
(h)  Ob er je die Kunst der Meditation erlernen wird?
(i)    Nur wer die Kochkunst beherrscht, ist ein ganzer Mann.

Durch die Umformung „auf die Normalform des absoluten Wortgebrauchs – das prädikative Syntagma ‚ist (nicht) Kunst‘ – oder auf die Normalform des indefiniten Wortgebrauchs – das prädikative Syntagma ‚ist (nicht) eine Kunst‘“ (Schmücker 2014: 71) lässt sich, so seine These, leicht herausfinden, von welcher Kunst hier die Rede ist:

(g‘) Was ich euch morgen zeige, ist Kunst, und zwar die der Neuen Wilden.
(h‘) Ob er je die Meditation, die eine Kunst ist, erlernen wird?
(i‘) Nur wer zu kochen versteht, was eine Kunst ist, ist ein ganzer Mann.

Was sofort auffällt, sind nicht allein die wiederum etwas eigenwilligen Beispiele, die Schmücker wählt (‚Nur wer die Kochkunst beherrscht, ist ein ganzer Mann‘), um „(m)it linguistischen Mitteln (…) das Feld der Kunstästhetik“  (Schmücker 2014: 75) abzustecken  – es ist auch der Umstand, dass Schmücker hier, im Gegensatz zu den Beispielsätzen beim absoluten und indefiniten Gebrauch, konkret angibt, von welcher Kunst die Rede ist. Davon abgesehen, dass es sich bei diesen Sätzen auch ohne Konkretisierungen um vollständige deutsche Sätze handeln würde: Wie will ich nachweisen, dass ein singulärer lexikalischer Indikator (‚die‘), und sei es durch Umformung, hinreichend ist zu zeigen, von welcher Kunst die Rede ist, wenn ich die Sätze jeweils durch die Angabe einer konkreten Kunst ergänze, anhand derer ich, nach Maßgabe der aktualen konventionellen Zuordnung, in der Regel leicht erkennen kann, ob hier von Kunst die Rede ist oder nicht?

Wie dem auch sei: Sind die Beispiele so plausibel, wie Schmücker meint? Machen wir eine etwas ungewöhnliche Ersetzungsprobe. Und nehmen den Beispielsatz (g) Morgen zeige ich euch (die) Kunst der Neuen Wilden. als Referenz:

(g1) Morgen zeige ich euch (die) Kunst der Meditation.
(g2) Morgen zeige ich euch (die) Kunst des Kochens.

Im nächsten Schritt erfolgt dann, analog (g‘), die Schmücker’sche Umformungsprobe:

           (g1.1) Was ich euch morgen zeige, ist Kunst, und zwar die der Meditation.
(g2.1) Was ich euch morgen zeige, ist Kunst, und zwar die des Kochens.

Was sagt uns unsere Sprachkompetenz der deutschen Sprache, also die intuitive Beherrschung der aktualen Regeln des Gebrauchs von Äußerungstypen, zu diesen vier Fällen?

• zu (g1): Der Gebrauch der Konstruktion ‚Nomen Kunst ohne Artikel‘ wird als falsch empfunden – mit Artikel hingegen nicht.
• zu (g2): dito
• zu (g1.1): Der Satz wird als vollständig richtig empfunden.
• zu (g2.1): dito

Das Ergebnis der Umformungsprobe (g1.1) und (g2.1) irritiert einigermaßen. Denn hier erscheint ohne Störgefühl der absolute Gebrauch (‚Nomen Kunst + keine weiteren Zusätze), der laut Schmücker ein eindeutiges Signal dafür ist, das von ästhetischer Kunst die Rede ist. Doch wovon ist hier die Rede? Von der Meditation sowie vom Kochen. Entweder handelt es sich bei beiden Künsten um ästhetische Kunst oder Schmückers Theorie ist falsch – oder aber irgendetwas ist hier schief gelaufen.

In vorliegendem Beispiel können wir getrost letzteres annehmen. Das Konzept der Umformungsprobe scheint nämlich seine Tücken zu haben: (g‘), (g1.1) und (g2.1) besteht aus zwei Satzteilen. Bei dem ersten Satzteil – Was ich euch morgen zeige, ist Kunst. – handelt es sich genau genommen nicht um einen Satzteil, sondern um einen vollständigen deutschen Satz. Er ist für den sprachkompetenten Sprecher spontan als eine sinnvolle Aussage über Kunst im Sinne einer ästhetischen Darstellungsform zu verstehen. Und auch Schmückers lexikalisches Kriterium des absoluten Gebrauchs (‚Nomen Kunst + keine weiteren Zusätze‘), der auf ästhetische Kunst verweist, ist hier hinreichend. Der nachfolgende Nebensatz bringt also lediglich durcheinander, was zuvor bereits klar schien.

Dort kann nicht nur, wie sich in (g‘) zeigt, von ästhetischer Kunst die Rede sein, sondern, wie die Beispiele (g1.1) und (g2.1) zeigen, durchaus auch von Künsten, die nicht unter die Schmücker’sche Definition ästhetischer Künste fallen, sondern unter die der mechanischen Künste. Selbst von einer völlig absurden Kunst kann hier die Rede sein:

             (g3.1) Was ich euch morgen zeige, ist Kunst, und zwar die des 
Fußnägelschneidens.

Dass wir nun das Fußnägelschneiden spontan als Nicht-Kunst identifizieren können, liegt ganz offensichtlich nicht an irgendwelchen lexikalischen Indikatoren, sondern an unserer Sprachkompetenz, vermöge derer wir in vielerlei Fällen einen aktual angemessenen Gebrauch vom Begriff ‚Kunst‘ machen können. Wohlgemerkt: einen aktual angemessenen. Denn auch dieser Gebrauch ist letztlich nur ein episodales Ereignis (cf. Kap. 3.6 ff.) in einem zeitlichen Kontinuum, eingebettet in unseren lebensweltlichen Bedingungsrahmen (cf. Schmücker 2014: 117), das sich im Laufe des Sprachwandelprozesses transformieren wird. Warum soll nicht dereinst wieder einmal die Kunst des Redens in den Kanon der (ästhetischen) Künste aufgenommen werden41. Oder auch die der Meditation (auch wenn sich hier die Frage nach dem ‚Kunstwerk‘ stellen würde42 – was aber schon wieder als ein willkürlicher, normativer Eingriff in die Bestimmung des Begriffs ‚Kunst‘ aufgefasst werden kann; cf. Lüdeking 1998: 66 ff.). Oder die Kunst des Kochens.

Halten wir Schmücker bei der Umformungsprobe dieses Beispiels zugute, dass die
Konstruktion ‚[vollständiger Satz + (Kunst ohne Zusatz)] + [Nebensatz mit Bestimmung der Kunst]‘ schlicht unglücklich gewählt ist – sie lässt keine eindeutige lexikalische Bestimmung zu, von welcher der beiden zur Disposition stehenden Künste hier die Rede ist.

Versuchen wir unser Glück bei einem anderen Satz:
           (h) Ob er je die Kunst der Meditation erlernen wird?

Nach Schmückers Definition handelt es sich um einen definiten Gebrauch, der eine indifferente Aussage zeitigt. Durch die Umformungsprobe soll sich erweisen, ob hier nun von einer ästhetischen oder von einer mechanischen Kunst die Rede ist:

(h‘) Ob er je die Meditation, die eine Kunst ist, erlernen wird?

Hier scheint alles, so sagt uns auch unser Sprachgefühl, soweit in Ordnung zu sein: Kunst + unbestimmter Artikel = mechanische Kunst. Aber auch das sollten wir nicht ungeprüft lassen. Weshalb wir eine einfache Probe aufs Exempel machen wollen – wir ersetzen ‚Meditation‘ durch ‚Malerei‘:

           (h1) Ob er je die Kunst der Malerei erlernen wird?

Die Umformungsprobe soll zeigen, von welcher Kunst in diesem Satz die Rede ist – von der ästhetischen oder der mechanischen. Doch aus Gründen der Subversion stelle ich in diesem Fall zwei Versionen zur Auswahl:

(h1.1) Ob er je die Malerei, die eine Kunst ist, erlernen wird?
(h1.2) Ob er je die Malerei, die Kunst ist, erlernen wird?

Die prädikativen Syntagma ‚ist (nicht) Kunst‘ resp. ‚ist (nicht) eine Kunst‘, auf die sich „(j)ede Verwendung des Wortes ‚Kunst‘ (…) zurückführen“ (Schmücker 2014: 71) lässt, müssten nach der Umformungsprobe ein eindeutiges Ergebnis erbringen. Unser Sprachgefühl sagt uns aber etwas anderes. Um das zu zeigen, wollen wir die Sätze (h1.1) und (h1.2) auf ihre wesentliche Aussage hin reduzieren:

(h1.1.1) Die Malerei ist eine Kunst.
(h1.2.1) Die Malerei ist Kunst.

Ein unbestimmter Artikel in Verbindung ‚Kunst‘ zeigt, so Schmücker, unweigerlich eine mechanische Kunst an. Also müsste im Satz (h1.1.1) von ihr die Rede sein. Die Malerei ist jedoch, zumindest nach allgemeinem Dafürhalten, eine ästhetische Kunst. Vorausgesetzt, ich gestehe zu, dass es sich bei diesem Satz um einen in jeder Beziehung korrekten Satz der deutschen Sprache handelt, gibt es drei nun Möglichkeiten:

1.    Ich behaupte mit (h1.1.1), dass die Malerei keine ästhetische Kunst ist.
2.    Ich behaupte damit außerdem, dass sie eine mechanische Kunst ist (was, nach Schmückers Explikation, zumindest bei der technischen Fertigkeit, dem ‚Malen‘, auch der Fall ist).
3.    Sollte die Malerei jedoch eine ästhetische Kunst sein, wäre Schmückers These, dass der ‚indefinite Gebrauch‘ eindeutig und unmissverständlich anzeigt, dass von mechanischer Kunst die Rede ist, falsch.

Nur am Rande sei bemerkt, dass auch die Umformungsprobe (h1.2) Ob er je die Malerei, die Kunst ist, erlernen wird? ihre Tücken hat. Hier sollte ja eigentlich das prädikative Syntagma ‚ist Kunst‘, also „die Normalform des absoluten Wortgebrauchs“ (Schmücker 2014: 71), nach der Umformung anzeigen‚ dass wir von der Malerei als ästhetischer Kunst reden. Allerdings schleicht sich dabei ein kleines Problem ein: Bei der Umformung entsteht in allen Fällen (h‘), (h1.1) und (h1.2) ein Relativnebensatz, der nun mal mit einem Relativpronomen (‚die‘) eingeleitet wird. Der absolute Gebrauch, der die ästhetische Kunst indiziert, tritt aber laut Schmückers Definition ohne Zusätze „wie Artikel, Pronomen oder Attributionen“ (Schmücker 2014: 71) auf. Was liegt nun vor? Ein Syntagma vom Typus IV), das sich keinem der drei bisherigen Typen zuordnen lässt und hinsichtlich der Zuordnung ein indifferentes Bild ergibt? Das deshalb ein zweites Mal und vielleicht sogar ein drittes Mal in die Umformungsprobe-Mühle gesteckt werden muss, solange, bis wir endlich das gewünschte Ergebnis erzielen?

Das ganze Dilemma der lexikalischen Indikatoren zeigt sich bei der letzten Umformungsprobe. Da wird aus:

(i)    Nur wer die Kochkunst beherrscht, ist ein ganzer Mann.

der Satz:

          (i‘)  Nur wer zu kochen versteht, was eine Kunst ist, ist ein ganzer Mann.

Davon abgesehen, dass sich einem sowohl in (i) als auch in (i‘) die Logik des Satzes nicht erschließt – warum soll das Beherrschen der Kochkunst eine notwendige Bedingung für ‚ein-ganzer-Mann-Sein‘ sein –, lautet demnach „die Normalform des indefiniten Wortgebrauchs – das prädikative Syntagma ‚ist (nicht) eine Kunst‘“ (Schmücker 2014: 71), so wie das prädikative Syntagma ‚ist Kunst‘ „die Normalform des absoluten Wortgebrauchs“ (ebd: 71) darstellt.

Schmückers Beispiele, die oftmals fernab aller Alltagssprachlichkeit liegen und somit kaum für einen Test taugen, können wir nun getrost beiseite legen – mit dieser ‚Normalform‘ haben wir ja nun die einfachste sprachliche Form gefunden, die es uns ermöglichen sollte, zu überprüfen, ob jeweils von ästhetischer oder mechanischer Kunst die Rede ist. Zumindest dann, wenn Schmücker Recht hat:

            A.) x ist (nicht) eine Kunst
          (-> indefiniter Gebrauch = Rede von mechanischer Kunst)
            B.) x ist (nicht) Kunst.         
          (-> absoluter Gebrauch = Rede von ästhetischer Kunst)

So gerüstet sollte eigentlich nichts mehr schief gehen. Der erste Versuch (A1.1), die Variable x im Referenzsatz durch eine Vokabel zu ersetzen, klappt vorzüglich. Doch schon der zweite Versuch (A1.2) stößt auf sprachlichen Widerwillen:

          (A1.1)  Kochen ist eine Kunst.
          (A1.2)  Kochen ist nicht eine Kunst.

Kein kompetenter Sprecher der deutschen Sprache würde ernsthaft eine solche Konstruktion wie (A1.2) wählen. Doch wenn sie niemand wählen würde – taugt sie dann als alltagssprachlicher lexikalischer Indikator? Und vor allem: für was? Sollte Kochen ‚eine‘ Kunst sein, wäre sie mechanische Kunst, keine ästhetische. Sollte sie aber nun ‚nicht eine‘ Kunst sein – was ist sie dann? Und wie kann ich feststellen, ob Kochen nun ‚eine‘ oder ‚nicht eine‘ Kunst ist? Oder kann Kochen gar, wenn schon keine ästhetische Kunst, so doch sowohl mechanische Kunst als auch ihr Gegenteil, also nicht mechanische Kunst sein – denn was anderes sollte ‚nicht eine‘ bedeuten, wenn ‚eine‘ die mechanische Kunst indiziert?  
Wenn überhaupt, dann würde der alltagstaugliche Sprecher statt (A1.2) ‚Kochen ist nicht eine Kunst.‘ sagen:

           (A1.2.1) Kochen ist keine Kunst.

In diesem Fall hätten wir ein Syntagma des Typus IV) vorliegen. Bei ihm, so Schmücker, müssen wir sprachexterne, also kontextuelle Faktoren zu Rate ziehen, weil sich nicht ohne Weiteres feststellen lässt, von welcher Kunst die Rede ist – hier bestehen seiner Ansicht nach zwei Umformungsmöglichkeiten:

(A1.2.1.1) Kochen ist nicht Kunst.
(A1.2.1.2) Kochen ist nicht eine Kunst.

Davon abgesehen, dass wir uns mit der Umformungsprobe (A1.2.1.2) im Kreise bewegen, ist im Falle (A1.2.1) Kochen ist keine Kunst. Schmückers Hinweis auf die theoretische Möglichkeit zweier Umformungsvarianten nachgerade Unsinn. Für den Fall (A1.2.1) Kochen ist keine Kunst. gibt es schließlich zwei etablierte alltagssprachliche Optionen, wie die Äußerung ‚keine Kunst‘ gemeint sein kann:

1. Beim Kochen handelt es sich nicht um eine Kunst (als solche) wie das
Theater, die Literatur, die Musik43 (soziale Institution/Makroebene).
2. Es handelt sich hier um die alltägliche Redewendung ‚ist keine Kunst‘, die auf alle möglichen Tätigkeiten Anwendung findet (cf. Kap. 4.5). 

Wenden wir uns noch der ‚Normalform‘ B.) x ist (nicht) Kunst. zu. Sie soll anzeigen, ob von ästhetischer Kunst die Rede ist oder nicht. Ersetzen wir die Variable x durch das nun schon sattsam bekannte ‚Kochen‘:

          (B1.1)  Kochen ist Kunst.
          (B1.2)  Kochen ist nicht Kunst.

Lassen wir den Fall (B1.2), bei dem wir bei der Umformungsprobe (A1.2.1.1) landen, einmal außer acht – viel interessanter ist der Fall (B1.1) Kochen ist Kunst. Denn zumindest mein Sprachempfinden vermeldet mir hier alles, nur kein Störgefühl. Im Gegenteil: Auch wenn sich nun füglich darüber streiten lässt, ob ‚Kochen‘ Kunst ist oder (noch) nicht – die Aussage resp. Behauptung ist völlig akzeptabel. Worüber sich kaum streiten lässt, ist, dass in diesem in jeder linguistischen Hinsicht korrekten Satz, der die nur denkbar klarste Form eines absoluten Gebrauchs – ‚ist Kunst‘ – beinhaltet, nach Schmücker eindeutig die Rede von ästhetischer Kunst sein müsste.

Laut Schmücker zeichnet sich nun aber die ästhetische Kunst dadurch aus, dass sie sich auf Artefakte bezieht und „dass sich das Wort ‚Kunst‘ auf sie absolut, nicht aber indefinit anwenden lässt“ (Schmücker 2014: 72). Demgegenüber bezieht sich die mechanische Kunst auf eine Fertigkeit und damit auf „eine teleologische Handlungskompetenz“ (ebd: 72). Und „für mechanische Kunst (gilt), dass das Wort ‚Kunst‘ auf sie nicht absolut, wohl aber indefinit anwendbar ist“ (ebd.: 72). Nun ist aber das Kochen eindeutig eine Fertigkeit, also in Schmückers Terminologie eine mechanische Kunst, auf die das Wort ‚Kunst‘ nicht absolut anwendbar ist. Was aber im Fall (B1.1) der Fall ist. Damit er seine These aufrecht erhalten kann, muss er sagen, dass hier ein nicht angemessener Gebrauch des Begriffs ‚Kunst‘ vorliegt. Gleiches gilt in diesen Fällen:

          (Ba)  Malen ist Kunst.
          (Bb)  Musizieren ist Kunst.
          (Bc)  Meditieren ist Kunst.
          (Bd)  Kugelstoßen ist Kunst.

Die Künste werden von Schmücker definitorisch auf zwei Künste beschränkt: die
ästhetische und die mechanische. Der Ausdruck ‚ist Kunst‘ zeigt laut Schmücker
lexikalisch unmissverständlich ästhetische Kunst an. In allen Fällen (B1.1), (Ba), (Bb), (Bc) und (Bd) ist aber von einer Tätigkeit, nicht von einem Artefakt die Rede ist. Wenn das der Fall ist, kann es sich, so Schmücker, aber nicht um ästhetische Kunst handeln, denn, Zitat Schmücker, „ästhetische Kunst (hat) immer Artefaktcharakter“ (Schmücker 2014: 77). All überall durchwehen normative Aspekte Schmückers Bemühungen um eine explikative Theorie der Kunstästhetik. Was ihn nicht daran hindert zu konstatieren:
„Weit davon entfernt, Vorschriften machen zu können, wie der Kunstbegriff zu verwenden sei, ist die Kunstästhetik aufs Erklären verwiesen: Ihre Definition der Kunst kann keine normative, sondern nur eine explikative sein“ (Schmücker 2014: 79).

Entfernen wir uns einen Moment von Schmückers uneingestandenen Normierungsversuchen. Und schauen uns die Aussage ‚Kugelstoßen ist Kunst‘ an, in der das Kugelstoßen nicht als mechanische, sondern als ästhetische Kunst auftritt, um mit Schmücker gegen Schmücker zu argumentieren:

„Der Herausforderung durch neu entwickelte Kunstformen, die das Gemeinverständnis unter den Kunstbegriff subsumiert, obgleich sie dessen Grenzen zu sprengen scheinen, kann die Kunstästhetik deshalb nicht begegnen, indem sie bestreitet, daß der Kunstbegriff auf sie anwendbar ist. Denn die Anwendbarkeit auf Artefakte neuer Art ist in der Regel längst anerkannt, wenn sie dem Kunstästhetiker zum Problem wird“ (Schmücker 2014: 78).

Wie sich ein solches Gemeinverständnis und damit auch eine neue Gebrauchsweise des Begriffs, seine Bedeutung, systematisch etablieren und wandeln kann, haben wir im Kap. 2 ff. und Kap. 4 ff. ausführlich erläutert. Führen wir uns noch einmal diese detaillierte Explikationen vor Augen, so können wir daran leicht ermessen, dass es nicht allein das „polyphone Konzert des kunstkritischen Diskurses (ist), durch den das Gemeinverständnis von Kunst tradiert und weiterentwickelt wird“ (Schmücker 2014: 78). Das hieße, den Einfluss von Kunstkritikern und Kunstästhetikern „auf das Urteil der einschlägig interessierten Öffentlichkeit“ (ebd: 78) auf der einen Seite maßlos zu überschätzen – und auf der anderen Seite den Einfluss des Urteils der ‚einschlägig interessierten Öffentlichkeit‘ wie auch der eher desinteressierten oder anderweitig interessierten Öffentlichkeit (denn sie sind ja an dem Prozess auch beteiligt und urteilen ebenso) auf das Gemeinverständnis von Kunst maßlos zu unterschätzen.


5.1.2.4         Mongolei

Kugelstoßen ist Kunst. Behaupte ich mal frech. Und im kollektiven Verbund behauptet es, wenn nicht heute, so vielleicht morgen, eine der nächsten Generationen. Oder eine andere Kultur. Zum Beispiel in der Mongolei. Dort gibt es die jahrhundertealte Tradition dreier ‚männlicher Disziplinen‘ – dem Ringen, dem Bogenschießen, dem Pferdereiten. Es sind dies rituelle, ja kultische Handlungen, die die ganze Gemeinschaft erfassen. Mithin ein Mitspielen erfordern, ganz im Sinne Gadamers (cf. Gadamer 2012: 42). Sieht die mongolische Bevölkerung deshalb im Ringen weniger einen Sport, sondern eher ein Gadamer’sches Spiel, dem die Aussage ‚Ringen ist Kunst‘ schon sehr nahe kommt? Vorausgesetzt natürlich, es gibt im Mongolischen überhaupt einem dem abendländischen Denken vergleichbaren Begriff der Kunst – im Hebräischen sowie in einigen afrikanischen Sprachen ist dies nicht der Fall (Schmücker 2014: 150). Hier scheint unser altes Problem auf: Wir können generell weder raus aus unserer sprachlichen Haut noch aus der unserer Sprachgemeinschaft oder unserer Lebenswelt und Kultur. Schmücker spricht in diesem Zusammenhang von der „Relativität jedes intersubjektiven Kunstverständnisses“ (Schmücker 2014: 149): Sie bezeugt die Perspektivität unserer Sichtweise – wir schauen immer mit unseren Augen auf die Dinge des anderen. Und glauben darin die Dinge zu erkennen, die wir kennen.

Was für das Kugelstoßen gilt, gilt aktuell bereits für das Kochen. Wirft Schmücker der traditionellen Kunstästhetik vor, sie würde neuere Kunsttendenzen durch ihren Hang zur begrifflichen Normierung systematisch ausgrenzen, so macht er mit seinem Hang zur lexikalischen Indizierung nichts anderes: ‚Kochen ist eine Kunst‘ lässt er gelten, die Aussage ‚Kochen ist Kunst‘ nicht. Verweist sie doch auf ästhetische Kunst, ergo auf ein Artefakt. Wir wissen aber in vielen Fällen sowohl, „ob ein Artefakt ein Kunstwerk ist oder nicht“ (Schmücker 2014: 77), als auch, ob etwas Kunst ist oder nicht. Gibt es doch „historisch eingespielte intersubjektive Verwendungsweisen44 des Kunstbegriffs (…), an denen wir uns, wenn wir Sprachkompetenz besitzen, orientieren können, ohne daß wir in der Lage sein müßten, sie begrifflich zu explizieren“ (ebd: 77). Und dazu gehört eben auch, dass wir implizit wissen, dass heutzutage ein Artefakt kein Artefakt mehr sein muss. Sondern durchaus etwas durch und durch Ephemeres sein kann wie John Cages Musikstück ‚ORGAN²/ASLS‘, das seit 2001 in der Sankt-Burchardi-Kirche in Halberstadt in einer projektierten Gesamtlänge von 639 Jahren aufgeführt wird. Etwas Vergängliches wie die Kochkunst eines Arpad Dobriban. Oder etwas fast Ewiges wie On Kawaras Projekt ‚One Million Years‘.

Auch wenn wir also derzeit aufgrund der in unserem Kulturraum etablierten Zuordnung (die als soziokulturelles Phänomen in einem Prozess der unsichtbaren Hand erfolgt, worauf dann unsere internalisierten Regeln des Gebrauchs von Äußerungstypen abheben, von denen wir ein implizites, nicht explizierbares Wissen45 besitzen) bei jeder dieser Tätigkeiten relativ eindeutig sagen können, ob ein Großteil der in einer bestimmten Gesellschaft sozialisierten Menschen sie als ‚Kunst‘ erachten wird oder nicht (die Frage, ob etwas ‚Kunst‘ ist oder nicht, bleibt davon völlig unberührt), so ist doch alles im Wandel. Denn jeder kann jederzeit in einem singulär differenten Gebrauch eine dieser Tätigkeiten, entgegen des etablierten Gebrauchs, als ‚Kunst‘ bezeichnen. In diesem speziellen Moment, in dem ich das tue, setze ich den in Kap. 2.11 ff. beschriebenen Prozess vom singulären Gebrauch bis hin zur kollektiven Etablierung in Gang (auch wenn er zumeist ins Leere läuft). Und spätestens dann zeigt sich, dass die von Schmücker identifizierte eindeutige syntagmatische Zuordnung wenn nicht Makulatur ist, so doch bestenfalls ein episodales Ereignis beschreibt, das in dem Moment, wo es Gültigkeit beansprucht, bereits schon wieder ins Wanken gerät.

Was ist Kunst46? Kochen ist Kunst. Malen auch. Oder Musizieren. Meditieren? Wer weiß, für manche vielleicht. Kugelstoßen ist Kunst, mechanische Kunst. Zumindest für Schmücker. Nur dass der Indikator des absoluten Gebrauchs, der ja die ästhetische Kunst sprachlich identifizieren soll, etwas anderes besagt, als Schmücker es gerne hören würde. Denn die Aussage ‚Kugelstoßen ist Kunst‘ klingt für uns hartgesottene Kunstinteressierte, die wir ja in einer Zeit leben, in der Künstler alles zum Medium ihrer Kunst werden lassen können, ganz und gar nicht mehr befremdlich. Sondern, da im Bereich des Möglichen liegend, völlig plausibel.

Weil Schmücker sich in dem, was er ‚ästhetische Kunst‘ nennt, ganz auf Artefakte kapriziert und Fertigkeiten dem Bereich der mechanischen Kunst zuordnet, normiert er die Gebrauchsweise des Begriffs ‚Kunst‘. Dies geht mit der Einschränkung des Anwendungsbereichs einher: Kunst kann nicht Malen sein, nur die Malerei. Denn hier findet der Begriff ‚Kunst‘ auf Artefakte Anwendung. Für die er, en passant in einer Fußnote, einen weiteren differenzierenden Kunstbegriff einführt: Wenn von Kunstwerken die Rede ist, ist „von ‚absoluter‘ Kunst die Rede“ (Schmücker 2014: 72). Jedoch sind nur „bestimmte Artefakte Kunstwerke“ (ebd: 77). Aber „(i)n vielen Fällen wissen wir spontan (…), ob ein Artefakt ein Kunstwerk ist oder nicht“ (ebd: 77, auch: 80) – diese Spontanität ist laut Schmücker eben ein Indiz dafür, dass sich die Verwendungsweisen des Kunstbegriffs historisch „vor dem Horizont eines kultur- und zeitspezifischen Kunstverständnisses“ (ebd: 80) intersubjektiv eingespielt haben. Er postuliert, dass „das Wort ‚Kunst‘, sofern es sich auf ästhetische Kunst bezieht, ein Synonym für ‚Kunstwerk(e)‘“ ist (ebd: 76) und bedeutungsneutral gegen den Begriff ‚Kunstwerk’ ausgetauscht werden kann. In den Fällen, in denen keine solche Ersetzung möglich ist, „bezieht sich das Wort ‚Kunst‘ nicht auf Artefakte, sondern jeweils auf eine bestimmte teleologische Handlungskompetenz“ (mechanische Kunst) (ebd: 73).

Nur weil Schmücker die Anwendung des Begriffs ‚Kunst‘ allein auf die Kunstwerke (und, wie er ergänzt, als „Sammelbegriff für mehrere oder die Gesamtheit der Kunstwerke“ [Schmücker 2014: 73]) beschränken will und alle anderen möglichen Verwendungsweisen ausschließt (cf. Kap. 4.3 ff.), kann ihm eine Überprüfung qua Substitution der Begriffe, Kunstwerk für Kunst, überhaupt gelingen:

(B1.1) Kochen ist Kunst.
          (Ba)  Malen ist Kunst.
          (Bb)  Musizieren ist Kunst.
          (Bc)  Meditieren ist Kunst.
          (Bd)  Kugelstoßen ist Kunst.

          (B1.1sub)  Kochen ist ein Kunstwerk.
          (Basub)    Malen ist ein Kunstwerk.
          (Bbsub)    Musizieren ist ein Kunstwerk.
          (Bcsub)    Meditieren ist ein Kunstwerk.
          (Bdsub)    Kugelstoßen ist ein Kunstwerk.

Wenn ich zuvor definiere, dass nur Kunstwerke Kunst sein können, kann ich natürlich von einer lexikalischen Ersetzungsprobe nichts anderes erwarten, als dass genau das herauskommt, was ich hineingesteckt habe: Fertigkeiten sind keine Artefakte, können demnach auch keine Kunstwerke sein, bei denen für Schmücker allein der Begriff ‚Kunst‘ Anwendung finden kann. Ergo sind Fertigkeiten nicht Kunst.



37 Die Variationen etablierter Gebrauchsweisen des Begriffs ‚Kunst‘ als heute noch gebräuchliche Reflexe alter Gebrauchsweisen (cf. Kap. 3.1 ff.) treten sprachlich zumeist als Präfix ‚Kunst-‘ oder Suffix ‚-kunst‘ auf. Sie lassen sich im Wesentlichen so zusammenfassen:
1.     Kunst im Sinne einer Fertigkeit: Kochkunst, Schwarze Kunst, Lebenskunst
2.     Kunst im Sinne eines Handwerks: Kunsthandwerk, Kunstgewerbe
3.     Kunst im Sinne einer Wissenschaft (die Sieben Freien Künste): Redekunst, Sprachkunst, Beweiskunst
      4.     Kunst als dichotomer Gegenbegriff zur Natur: Kunststoff, Kunstfaser

38 Karlheinz Lüdeking entwickelt, offensichtlich ohne die sozialphilosophische Historie seines Gedankens zu Kenntnis zu nehmen, ein ganz ähnliches kunsttheoretisches Konzept, ohne es jedoch mit einer stringent explikativen Theorie à la Grice und Keller zu untermauern und es konsequent weiter zu denken und zu verfolgen:
„Demnach ist klar, daß die Mitgliedschaft in der Klasse der Kunstwerke sich keineswegs nur einer einfachen empirischen Klassifikation verdanken kann. Die Klasse der Kunstwerke muß vielmehr verstanden werden als ein unbeabsichtigtes und unvorhersehbares Ereignis all der mannigfaltigen und konkurrierenden evaluativen Verwendungen des Kunstbegriffs durch unzählige individuelle Sprecher, die diesen Begriff aufgrund der verschiedenen normativen Kriterien verwenden. Die Zusammensetzung der Klasse der Kunstwerke ergibt sich als ein unkontrollierbares Resultat sozusagen ‚hinter dem Rücken‘ der einzelnen Sprecher, die den Kunstbegriff nach den jeweils von ihnen favorisierten Kriterien verwenden und entsprechende Grenzziehungen vornehmen. Obwohl sich so am Ende die Klasse der Dinge, die zu einem bestimmten Zeitpunkt als Kunstwerke gelten, als ein Faktum von intersubjektiver Gültigkeit ergibt, ist diese Klasse doch nur das Resultat der Vielzahl von unkoordinierten Verwendungen des Kunstbegriffs durch zahllose individuelle Sprecher. Eben deshalb ist die Klasse der Kunstwerke auch ständig, den unvorhersehbaren Schwankungen unterworfen, die jeden Versuch einer generalisierten Aussage über ihre Mitglieder vereiteln“ (Lüdeking 1998: 203).
Schmücker merkt dabei zu Recht an: „Unklar bleibt dabei jedoch, wie dies geschieht“ (Schmücker 2014: 106). Ein Problem, das auch Lüdeking sieht. Und das er zum Gegenstand seiner Untersuchung macht: „(D)ie Frage, wie es zu verstehen (und zu begründen) ist, daß wir bestimmte Dinge als Kunstwerke bezeichnen und ihnen ästhetische Qualitäten zuschreiben“ (Lüdeking 1998: 12). Eine Frage, so stellt er am Ende dieser Untersuchungen ernüchtert fest, die weder die analytische Philosophie der Kunst noch die traditionelle Theorie beantworten kann (Lüdeking 1998: 205). Dabei war Lüdeking der Antwort, siehe oben, so nahe. Er hätte nur den Weg, den er eingeschlagen hat, konsequent weiter gehen müssen – Hand in Hand mit der unsichtbaren Hand (cf. Keller 2014 passim).

39 In Pierer's Universal-Lexikon, Bd. 15., von 1862 werden unter die schönen Künsten alle Künste subsumiert, „deren Producte einen selbständigen ästhetischen Werth haben, deren treu Aufgabe also die Darstellung des Schönen in den Formen u. innerhalb der Grenzen eines ästhetischen Ganzen ist.“ Dazu gehören die akustischen, plastischen (darunter fallen hier sowohl die bildenden Künste als auch die Architektur) und die redenden Künste (Dichtkunst und die „Beredtsamkeit“, also die Kunst der Rede, die Rhetorik). Weiter wird differenziert in „einfache u. zusammengesetzte“ Kunst (Musik ist demnach eine zusammengesetzte Kunst, verbindet sie sich doch mit der „lyrischen u. der dramatischen Poesie“), in „eine abhängige, untergeordnete Kunst“ (wie die „Geberdenkunst“, die Schauspiel- oder Tanzkunst – es sei denn, diese können „einen selbständigen Werth in Anspruch nehmen“) und die „verschönernde (decorative)“ Kunst, die den Dingen eine „ästhetisch wohlgefällige Zierde zu verleihen“ haben – „unter diesem Gesichtspunkt mag man auch die schöne Fechtkunst u. die schöne Reitkunst mit unter die Schönen Künste rechnen, während die schöne Gartenkunst unter Umständen der idealen Landschaftsmalerei sich nähern kann“ (Pierer 1862: 382). Man sieht: So wie jede Zeit ihre eigenen unzähligen Gebrauchsweisen des Begriffs ‚Kunst‘ hat, so hat sie auch ihre eigenen autoritativen Sprachfestsetzungen und Kategorisierungen. Zur Unterscheidung von ‚schöner Kunst‘ und ‚mechanischer Kunst‘ siehe auch Gadamer 2012: 20 ff.

40 Hier zeigt sich eines der Kernprobleme bei Schmücker: Er differenziert nicht die verschiedenen Gebrauchsweisen des Begriffs ‚Kunst‘ (cf. die umfangreiche Differenzierung der Gebrauchsweisen vor allem in Kap. 4.3 ff.), stattdessen postuliert er für seine Zwecke
1.     drei resp. zwei konventionelle lexikalische Grundbedeutungen des Begriffs ‚Kunst‘ im heutigen Sprachgebrauch. Von ihnen geht er aus. Und sucht sie letztlich auf eine, die ‚ästhetische Kunst‘ zu reduzieren (die er später sogar noch auf das Artefakt, ‚das Kunstwerk‘ als Kunst, zu reduzieren sucht). Dabei spricht er hier en passant von einer vierten und fünften Gebrauchsweise des Begriffs (resp. Bedeutung), die er aber nicht als solche systematisch explizit ausweist. Stattdessen raunt er von einer ominösen „artefaktbezeichnenden“ und „handlungskompetenzbezeichnenden Kraft des Wortes ‚Kunst‘.
2.     Die drei von ihm postulierten Grundbedeutungen bewegen sich zunächst allesamt auf der Makroebene sozialer Institutionen, die nicht intentionale kollektive Resultate individueller intentionaler Akte sind (da sind sich alle soziokulturellen Phänomene strukturell ähnlich), die vierte ist jedoch ist eine Gebrauchsweise des Begriffs ‚Kunst‘ auf der Mikroebene des individuellen Kunstschaffens, das wiederum dem Bereich singulärer intentionaler Akte zugehört. Die fünfte bezeichnet eine handwerkliche Fertigkeit (Kunst des Malens vs. das Malen als Fertigkeit).
3.     Schmücker differenziert diesen kollektiv resultierenden (und im Zweifelsfall temporären) Bestand von (ästhetischer) Kunst (als sozialer Institution) weder von der Beschreibung von etwas als Kunst noch von dem davon logisch unabhängigen Akt der Zuschreibung eines Artefaktes als Kunst.
Er tut alles, um den Gebrauch des Begriffs ‚Kunst‘ in eine einzige Gebrauchsweise münden zu lassen, von der er als Gegenstand seiner Untersuchungen bereits ausgeht: ‚Kunst‘ als ‚ästhetische Kunst‘. Eine zirkuläre Vorgehensweise.

41 Die Konsequenzen dieses Phänomens des steten Wandels sieht Schmücker:
„Um Anwendungsbedingungen für den Kunstbegriff vorzuschreiben, kommt die Kunstästhetik daher immer schon zu spät. Wenn sie die bunte Vielfalt der Kunsterscheinungen in graue Theorie einzuholen sucht, haben sich die Erscheinungsformen der Kunst längst potenziert. Wo sich die Kunstästhetik darauf verlegt, der Verwendung des Kunstbegriffs aus eigenem Recht Grenzen zu setzen, missachtet sie deshalb sträflich ihre eigene Grenze“ (Schmücker 2014: 78). Dem kann ich nur zustimmen. Und mich fragen, warum sich Schmücker dann aber selber Grenzen setzt und sträflich seine Grenze missachtet, indem er unbedingt starre lexikalische Indikatoren etablieren will, die verbindlich und eindeutig anzeigen, wann von Kunst die Rede ist und wann nicht. Wenn aber alles stets im Fluss ist (und jeglicher Versuch einer wie auch immer gearteten normativen Festsetzung ‚daher immer schon zu spät‘ kommen muss), ist es auch die lexikalisch indizierte Zuschreibung – bei Künsten auf dem Weg zur ästhetischen Kunst wird sich im Moment des Wandels der Auffassung das Sprachgefühl melden und der von Schmücker gewünschten eindeutigen Indikation den Garaus machen.

42 Auch das Problem erkennt Schmücker klar: cf. Schmücker 2014: 114 ff., besonders aber cf. Schmücker 2014: 163 ff. In seinem 2003 herausgegebenen Handbuch ‚Identität und Existenz, Studien zur Ontologie der Kunst‘ geht er zudem gezielt der Frage nach, in welcher Weise Kunstwerke existieren, wenn sie keine physischen Objekte sind. Denn nicht allein bei der Performance stellt sich die Frage, was als Kunstwerk aufgefasst werden soll. Schon bei der Opernarie stellt sie sich. Oder bei der Konzeptart, die im Extremfall gar keiner Umsetzung jeglicher Art bedarf. Oder bei der Kochkunst Arpad Dobribans oder Sonja Alhäusers, die den Verzehr des Erschaffenen impliziert.


43 Was wohl Schmücker zu diesem Satz sagen würde: ‚Beim Kochen handelt es sich nicht um eine Kunst wie das Theater.‘? Der Begriff ‚eine Kunst‘ verweist als indefiniter Gebrauch auf die mechanische Kunst. Durch die Negation ‚handelt sich nicht‘ wird die Angemessenheit dieser impliziten Aussage jedoch bestritten. Was aber nach Schmücker falsch wäre, denn laut seiner Interpretation handelt es sich beim ‚Kochen‘ um mechanische Kunst. Nur: Ganz offensichtlich wird mit diesem Satz aber nicht auf das referiert, was er mechanische Kunst nennt – es wird auf ästhetische Kunst referiert. Was seine Theorie der eindeutigen lexikalischen Indizierung falsifizieren würde. Damit dies nicht passiert, wird er behaupten müssen: Der Satz ist nicht korrekt – er muss zwingend lauten: ‚Beim Kochen handelt es sich nicht um Kunst wie das Theater‘.

44 In diesem Gedanke klingt durchaus etwas von der Art und Weise an, wie im Prozess der unsichtbaren Hand soziokulturelle Phänomene konstituiert werden. Nur reflektiert Schmücker diesen Gedanken nicht weiter, so dass ihm die grundlegende explikatorische Dimension dieses Ansatzes entgeht. Und damit der eigentliche Charakter des evaluativen Kunstbegriffs als etabliertes kollektives Resultat individueller intentionaler Zuschreibungen (Schmücker 2014: 116). Völlig zutreffend ist seine Einsicht, dass jeder Kunstbegriff, den sprachkompetente Sprecher einer natürlichen Sprache nutzen, auf Basis des „lebensweltlichen Hintergrundwissens“ und damit, bezogen auf andere Kulturen, notwendig perspektivisch, also „nicht horizontindifferent“ verwendet wird (Schmücker 2014: 118; cf. auch Kap. 2.7). Wenn ich einen Kunstbegriff als deskriptiv oder evaluativ identifiziere, so greife ich laut Schmücker auf dieses gemeinsame Hintergrundwissen zurück, das er „das intersubjektive Kunstverständnis dieser Sprachgemeinschaft“ (Schmücker 2014: 118) nennt. Nur behauptet er lediglich , dass es dieses Kunstverständnis, diese Gebrauchsweise des Begriffs und das gemeinsame Hintergrundwissen gibt, er erklärt aber nicht systematisch, wie es dazu kommen kann (cf. Kap. 2 ff.). So sieht er zwar das „intentionalistische Missverständnis“ (Schmücker 2014: 116) der sprachanalytischen Kunstästhetik, erkennt aber nicht seinen wahren Grund: der liegt eben im Mangel an explikativer Kraft (dieses Defizit wird durch die Arbeiten von H.P.Grice und Rudi Keller aufgearbeitet [cf. Kap. 2 ff.]).

45 „Wir gebrauchen eine Regel, ohne sie explizieren zu können“ (Kennick 1958: 322; cf. Keller 2018b). Wenn wir von sprachlichen Regeln sprechen, dürfen wir nicht der naheliegenden Versuchung erliegen, sie wie mathematische Regeln zu betrachten – da schlägt uns die Sprache mal wieder ein Schnippchen. Mathematische Regeln gelten, vorausgesetzt, sie erweisen sie nicht als falsch, nach menschlichem Ermessen generell und bis in alle Ewigkeit. Sprachliche Regeln hingegen konstituieren und wandeln sich in einem Prozess der unsichtbaren Hand – selbst wenn diese Regeln über Jahrhunderte oder Jahrtausende Bestand haben sollten: sie sind prinzipiell fluid und damit von temporärer Gültigkeit. Mathematische Regeln lerne ich und wende sie an. Sprachliche Regeln meiner Muttersprache erlerne ich im individuellen Gebrauch. Genauer gesagt: Im Sprachvollzug, dem intersubjektiv vermittelten Gebrauch, werden die sprachlichen Regeln immer wieder neu konstituiert. Sie bestehen nicht als eine obskure Eigenschaft außerhalb des Gebrauchs, sondern sind immer nur im Gebrauch.

46 Zu jedem beliebigen Zeitpunkt, an dem die Frage gestellt wird, findet der Gebrauch des Begriffs ‚Kunst‘ auf Basis der aktual etablierten Gebrauchsweise in einer bestimmten Gruppe (wie groß sie auch immer sein mag) in einer bestimmten Gesellschaft und Kultur statt. Mit der Gebrauchsweise (ergo den Regeln des Gebrauchs, mithin der Bedeutung) geht das Verständnis des Begriffs einher. Man stellt diese Grundsatzfrage also grundsätzlich aus der Perspektive eines bestimmten episodalen Ereignisses, ja sogar grundsätzlich aus der Perspektive einer individuellen Interpretation dieses episodalen Ereignisses, die niemals völlig mit der ‚etablierten‘ Sicht übereinstimmt. Ein Umstand, um den man vielleicht weiß, den man aber gerne, bewusst oder unbewusst, gezielt oder nicht, außer acht lässt. Gebrauchsweise, Bedeutung und Verständnis der Begriffe, auch des Begriffs der ‚Kunst‘, wandeln sich stets und ständig. Zu jedem Zeitpunkt im Kontinuum ist die Gebrauchsweise also eine etwas andere (auch wenn uns das nicht bewusst ist und wird). Deshalb stellen wir die Frage ‚Was ist Kunst?‘, auch wenn wir dabei stets das gleiche Wort ‚Kunst‘ verwenden, immer von einer leicht veränderten Warte einer etablierten Gebrauchsweise aus, von der wiederum meine individuelle Interpretation, wenn vielleicht auch nur minimal, abweicht. Doch wonach fragen wir mit dieser Frage? Wir imaginieren eine allgemein gegebene, sowohl generationen- als auch gesellschafts- und kulturübergreifende Form ‚künstlerischen‘ Schaffens, die wir mit dem Begriff ‚Kunst‘ bezeichnen. Und fragen von der Warte eines fluiden Gebrauchs und Verständnisses aus nach etwas, was allen Kunstwerken, unabhängig vom jeweiligen Verständnis, von Zeitalter, Kultur, Gesellschaft oder medialer Form der Umsetzung vermeintlich innewohnt: ihrer essentia. Aus dieser philosophiehistorischen Verstrickung will sich Schmücker herauswinden und spricht statt von der essentia nur von der essentialistischen Prämisse, „daß von Kunst als solcher sinnvoll die Rede sein kann“ (Schmücker 2014: 81). Die Rede von der ‚Kunst als solcher‘ unterstellt damit ein obskures „philosophisches Wesen der Kunst“ (ebd: 81), das „den semantischen Gehalt des Kunstbegriffs erfragt“ (Schmücker 2014: 163) und die Theorie der Kunstästhetik als eine „Theorie über die Bedeutung des Kunstbegriffs“ (ebd: 163) definiert. Von dem wir, so Schmücker, intuitive Kenntnis haben, weil wir durch „das intersubjektive Kunstverständnis“ (Schmücker 2014: 118) glauben, ‚Kunst‘ als Kunst erkennen zu können – es ist uns Maßstab der Evaluation. Der Kunstästhet muss nun mit der Beantwortung der Frage, „(w)arum ist das, was Kunst ist, Kunst?“ (Schmücker 2014: 80) entbergen, was verborgen ist, explizieren, was wir implizit wissen.



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