Montag, 30. Januar 2017


Erziehung zur Demokratie


Ende November 2016 gab der derzeitige Vorsitzende des Kulturrats NRW, der ehemalige deutsche Innenminister Gerhart Baum, der Rheinischen Post ein Interview, das nachdenklich machte. Kultur zu fördern, so bedeutet er darin den kulturpolitisch Verantwortlichen Düsseldorfs, heiße nichts anderes, als „die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft“ zu sichern.

Damit erteilte er allen Kleingeistern von vornherein eine unmissverständliche Abfuhr. Und legte innerstädtisch die Latte hoch: Alle haben sich darüber im Klaren darüber zu sein, dass Kultur „eine Sache der geistigen Herausforderung“ sei. Schon darum sei es „völlig unsinnig, kulturellen Einrichtungen vorzuwerfen, sie seien elitär“.

Es mag sein, dass es an eben dieser geistigen Herausforderung liegt, warum, so Baum, „junge Leute zu dem, was wir Hochkultur nennen, nur schwer Zugang finden“. Aber darf das ein Argument dafür sein, dass „die Kultur ... ihren hohen Anspruch, also ihre künstlerische Qualität“ zukünftig zugunsten populärer „niedrigschwelliger“ Angebote aufgibt? Es wäre eine kulturpolitische Bankrotterklärung, ja geradezu ein Ausweis provinzlerischen „Banausentums“, würde diese Frage mit „Ja“ beantwortet werden.

Dem ist allein schon deshalb so, weil die „Kultur ... die Seele der Stadt“ ist, so Baum. Und wer will schon seine Seele verlieren?

Kunst als lebenslanges Bildungsprogramm

Die aktuelle Heinrich Heine-Preisträgerin Alison Louise Kennedy schrieb der Stadt in ihrer bundesweit beachteten Dankesrede mit mahnenden Worten ins Stammbuch, welche Alternative es zu eben jenen von dem Oberbürgermeister Düsseldorfs in einem Interview mit der „Welt“ geforderten „niedrigschwelligen“ Angeboten gibt, die den Menschen den Zugang zur Kunst und Kultur erleichtern:

„Die Ausübung der Künste und der Kontakt mit ihnen ist unser lebenslanges Bildungsprogramm – hier und jetzt: das bereitet uns darauf vor, klug zu wählen.“

Ein lebenslanges Bildungsprogramm, das uns für die Demokratie vorbereitet: „Kunst ist das Herz der Demokratie“, so Kennedy. Und ist dieses Herz geschwächt, ist die Demokratie in Gefahr:

„Uns allen ist bewusst, dass die Werte, die uns schützen, uns die bestmöglichen Chancen versprechen, unser menschliches Potenzial zu erfüllen und das Menschliche in anderen zu sehen und wertzuschätzen – dass diese Werte derzeit vergessen, verlacht oder still und leise verscharrt werden.“

Verstörend, dass ausgerechnet NRW-Finanzminister Borjans anlässlich der Veräußerung der Westspiel-Kunstsammlung genau das vergessen hat. Und diese Werte auf einen reinen Geldwert reduzierte:

„Ein Kunstwerk hat einen Wert, wenn es zu veräußern ist.“

In einem aktuellen Essay konstatiert der Kultursoziologie Andreas Reckwitz für unsere moderne Gesellschaft, dass in ihr ein „tiefgreifender und expansiver Prozess der formalen Rationalisierung, der Standardisierung, Formalisierung und Generalisierung des Sozialen“ stattfindet. Ein Ergebnis dieses Prozesses: Der intrinsische Wert, also der Eigenwert künstlerischer Werke, verliert gegenüber dem abgeleiteten Wert, dem Nutzwert, zunehmend an Bedeutung: Wert hat nur noch, was verwertbar ist.

Schulung einer kritischen Haltung

Wir leben in einer Welt, „in der alles seine Nützlichkeit und Verwertbarkeit für das Wirtschaftswachstum beweisen muss“. Das konstatiert auch der österreichische Philosoph Konrad Paul Liessmann in seiner Rede zur Eröffnung der Salzburger Festspiele. Doch selbst eine Kunst, die sich diesem Diktum affirmativ hingibt, ist, so Liessmann, „nicht verwerflich“. Wer die Kunst jedoch allein als schmückendes Beiwerk betrachtet, hat ihren eigentlichen Wert – und damit ihren Wert für uns und die Gesellschaft – nicht erkannt:

„Die Kunst erfordert, heute mehr denn je, das Eintauchen in eine andere Welt, eine Welt, in der es um Genauigkeit, Aufmerksamkeit, Konzentration, Hingabe, Anstrengung und Selbstvergessenheit geht, um Haltungen also, die quer stehen zu jener Mischung aus Bequemlichkeit und Egomanie, zu der wir ansonsten angehalten sind.“

Und was bekommen wir dafür? Eine tiefe, innere, ganz individuelle Befriedigung jenseits jeglicher ökonomischer Messbarkeit:

„Etwas davon spüren wir jedes Mal, wenn wir in einer gelungenen Aufführung eines Konzertes, eines Theaterstücks, einer Oper das Gefühl haben, dass es genau das ist, um dessentwillen es sich zu leben lohnt, dass es genau diese Erfahrung ist, die einen Reichtum in sich trägt, der alles andere (...) verblassen lässt.“

Kunst heißt eben nicht: rezeptiver und passiv sedierender Konsum zur leidlichen Bedürfnisbefriedigung. Kunst heißt: anstrengende, weil aktive und produktive Teilhabe. Kunst heißt zudem: „Schulung einer kritischen Haltung“. Und nicht zuletzt: Bildung zur Eigenverantwortlichkeit.

„Ästhetische Bildung als Modell für die Freiheit und Autonomie des Menschen kann sich nur in Auseinandersetzung mit der Kunst entfalten.“

Das Herz der Demokratie

Freiheit und Autonomie: Das ist das, was die Kunst demjenigen mit auf den Weg gibt, der sich mit ihr auseinandersetzt. Und genau darin liegt der eigentliche Kern des programmatischen Satzes von Alison Kennedy:

„Die Kunst ist das Herz der Demokratie.“

Die Förderung der Kunst, ihrer Freiräume und Zugänge bedeutet somit nichts anderes als kulturelle Daseinsvorsorge für die Bürger. Sie ist damit fundamental für den Bestand einer Demokratie. Und wesentlich für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft.

In der Auseinandersetzung mit der Kunst in allen ihren vielgestaltigen Facetten lernt der Mensch, was Freiheit, was Demokratie bedeuten kann. Lernt, dass es neben ökonomischen Werten auch solche gibt, die sich gänzlich einer kommerziellen Verwertbarkeit entziehen – intrinsische kulturelle Werte, die konstitutiv für eine offene, zivilisierte Gesellschaft sind. Je mehr die Kunst von den Verantwortlichen als ganz selbstverständlicher Teil eines lebenslangen Bildungskanons der Gesellschaft verstanden wird, desto größer wird die Chance auf aktive, produktive Teilhabe aller an der Kunst sein.

Und je mehr Menschen in einer Gesellschaft die Chance eröffnet wird, sich mit Kunst auseinanderzusetzen, je mehr sich in produktiver Teilhabe dann tatsächlich individuell mit Kunst auseinandersetzen, desto stabiler wird das kollektive Fundament der kulturellen Werte einer Gesellschaft sein – und desto besser ist es um die Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft bestellt:

Genau diese kulturellen Werte sind es, die die Identität einer Gesellschaft ausmachen. Je breiter die Basis derer ist, die sie durch aktive und produktive Teilhabe an der Kunst mit erarbeitet haben, desto mehr ist die gemeinsame Identität keine oktroyierte, von außen übergestülpte, sondern eine durch die Gesamtheit der Individuen geschaffene Identität. Und damit Ausweis einer vitalen, zivilisierten Gesellschaft.  

Freiräume schaffen, um Freiheit zu sichern

„Kultur ist eben nicht“, so Kulturstaatsministerin Monika Grütters in einer Rede vor dem Industrieclub in Düsseldorf, „das Ergebnis wirtschaftlichen Wohlstands, sie ist vielmehr dessen Voraussetzung.“  Sie ist das, „was uns definiert.“ Darum sind die Güter der Kultur „als Spiegel unserer Geschichte und unserer Identität“ für uns existenziell und geben uns die Einrichtungen der Kultur „Auskunft über unser kulturelles Gedächtnis“. Gerade deshalb, so Grütters, „verdienen Kunst und Kultur nicht nur Förderung, sondern auch Schutz“.

Was aber passiert, wenn man dies vergisst und den wahren Wert mit dem Warenwert verwechselt? Wenn also „das Bewusstsein für den Wert der Kunst und der Kultur und damit auch für die staatliche Verantwortung fehlt“? Das zeigte sich unlängst beim Verkauf der Westspiel-Kunstsammlung wie auch bei der Debatte um die Zukunft des Düsseldorfer Schauspielhauses. Eine unwürdiges Schauspiel, das Gerhart Baum launig mit den Worten kommentierte:

„Das Verhalten der Stadtspitze in Düsseldorf zeugt von Banausentum.“

Kunst und Kultur können, so Grütters, „Werte jenseits der Maßstäbe ökonomischer Verwertbarkeit“ schaffen. Und Antworten „auf Fragen nach den Sinn stiftenden Kräften und Werten (geben), die unsere Gesellschaft zusammen halten“. Dies zu ermöglichen und zu schützen „ist Aufgabe einer Kulturpolitik, die sich der Freiheit und der Kunst verpflichtet fühlt“.

„In Deutschland“,
so betont Grütters, “haben wir aus zwei deutschen Diktaturen in einem Jahrhundert eine Lehre gezogen, die da lautet: Kritik und Freiheit der Kunst sind konstitutiv für eine Demokratie“. Aus dieser Verpflichtung heraus verbietet es sich für eine verlässliche, verbindliche und verantwortungsbewusste Kulturpolitik, kreischende Eventräume für massenkompatible Blockbuster stillen Kultureinrichtungen vorzuziehen, die für die Menschen ganzjährige Reflexionsräume darstellen. Es verbietet sich, unmoralische Angebote von „niedrigschwelliger“ Qualität anzufordern, die nur ein quantitativ definiertes Kriterium zu erfüllen haben, um ihre Förderungswürdigkeit nachzuweisen. Und es verbietet sich, den Menschen die passive Teilhabe an populären Straßenradrennen bereits als Teilnahme „am zivilisierten bürgerlichen Leben“ zu verkaufen.

„Kunst, Kultur, Literatur dürfen, ja sie sollen und müssen zuweilen Zumutung sein. Deshalb müssen wir alles daran setzen, ihre Freiheiten und ihre ästhetische Vielfalt zu sichern.“ Denn sie, und unsere tätige, lustvolle Auseinandersetzung mit ihnen, befördern und befeuern diese dysfunktionale Vielfalt, diese kleinen, intimen, individuellen „Revolutionen im Denken, im Wahrnehmen, im Empfinden, im Bewusstsein“, die, wie es Grütters ausdrückt, „jeder kleinen und großen gesellschaftlichen Veränderung vorausgehen“.

Nur da, wo Kunst, Kultur und Literatur leidenschaftlich gefördert werden, wo ihr die Freiräume geschaffen werden, in denen sie sich auch frei im Sinne der Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft entfalten können, wo sie nicht dem Diktat der Ökonomisierung, sondern allein ihren eigenen Regeln gehorchen, wo alles getan wird, damit „aus diesen Keimen etwas wachsen darf“, nur da kann es auch „eine vitale Demokratie“ geben.

Samstag, 14. Januar 2017


Unübliche Gedanken zur Kunst


„Was wollt ihr denn noch von der Kunst?“ Niklas Maak stellt Kulturschaffenden wie Kunstinteressierten in einem bemerkenswerten Artikel in der F.A.S. die Sinnfrage angesichts einer Kunst, die zunehmend mehr in die Fänge einer globalen Ökonomisierung gerät. Einer Kunst, die allerdings an dieser Entwicklung nicht ganz unschuldig ist, begibt sie sich doch bisweilen freiwillig dort hinein und beraubt sich, derart kommerziell gleichgeschaltet, weitgehend selbst der ihr innewohnenden Kritikfähigkeit.

Aber wovon spricht man überhaupt, wenn man von ‚der Kunst’ spricht? Es scheint, als gäbe es einen geheimen Konsens aller im engeren und weiteren Sinne am Diskurs Beteiligten darüber, was ‚die Kunst’ ist. Genau dies suggeriert auch die Frage von Niklas Maak. Wobei wir doch spätestens seit Wittgenstein wissen: Es ist ein Trugschluss, wenn man meint, beim Gebrauch eines Begriffs von dem exakt gleichen Gebrauch dieses Begriffs bei anderen ausgehen zu können.

“Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache.“ So Wittgensteins Diktum. Und der Gebrauch ist bei jedem, wenn auch vielleicht nur minimal, in der synchronen Betrachtung anders als bei anderen, ja, oftmals ist er sogar bei dem Einzelnen selbst von Gebrauch zu Gebrauch etwas anders – und in der diachronen Betrachtung potenzieren sich diese unterschiedlichen Gebrauchsweisen, sprich: Bedeutungen, ins Unermessliche.

Kunst ist nicht

Das im Gespräch explizit berücksichtigen zu wollen, würde nicht nur das Ende eines jeden Gesprächs bedeuten. Es würde ein Gespräch prinzipiell unmöglich machen. Um also eine Kommunikation grundsätzlich zu ermöglichen, lassen wir im jeweiligen Gebrauch des Wortes den Aspekt der unterschiedlichen Gebrauchsweisen erst einmal außer Acht. Stattdessen gehen wir, ganz intuitiv, von einem idealisierten Verständnis aus, das uns als Bedingung der Möglichkeit alltäglicher Kommunikation eine halbwegs kollisionsfreie Verständigung mit anderen sichert.

Wir ignorieren also weitgehend die Bedeutungsunschärfen, die sich aus den individuell verschiedenen Gebrauchsweisen und dem entsprechenden individuellen Verständnis von den Worten ergeben. Aber manchmal kommt man nun mal nicht umhin, sich auf eine grundsätzliche Diskussion über die Bedeutung eines Wortes, also seines Gebrauchs in der Sprache, einzulassen. Denn nur dann wird man zum einen sicherstellen können, dass man nicht nur die gleichen Worte verwendet, sondern auch halbwegs den gleichen Gebrauch davon macht. Und zum anderen, dass man über das, worüber man redet, überhaupt so reden kann, wie man es tut.

Eben das ist bei der Kunst der Fall. Denn sie existiert nicht in der Weise, wie ein Stuhl existiert. Oder ein Tisch, ein Auto, ein Bild. ‚Kunst’ ist ein Allgemeinbegriff, eine Universalie. So wie es der ‚Markt’ ist, der ‚Mensch’, der ‚Staat’ oder die ‚Kirche’. Sie alle existieren nur durch uns so wie die Bedeutung eines Wortes nur durch unseren Gebrauch in der Sprache existiert. Wir hypostasieren, nutzen diese Allgemeinbegriffe wie deiktische Begriffe, die sich auf Dinge in der Wirklichkeit beziehen. Wir tun das sinnvollerweise, denn dies ermöglicht uns eben eine relativ problemlose Verständigung mit anderen. Aber das darf uns nicht dazu verleiten, anzunehmen, es gäbe diese Dinge wirklich: Allgemeinbegriffe haben kein physisches Pendant, sie beziehen sich nicht auf etwas, was einen sinnlich wahrnehmbaren, real existenten Seinszustand besitzt.

Deshalb gibt es auch die Kunst nicht. Zumindest nicht so, wie es uns unser laxer Sprachgebrauch glauben machen möchte: als ‚etwas’.

Das Wort, eine platonische Liebe

Warum wir aber nur zu gerne von der Kunst so sprechen, als hätte sie eine ontologische Existenz, liegt nicht allein an unserer sprachökonomisch begründeten laxen Redeweise – wir tun es auch, weil eine solche ontologische Existenz in einer anderer Gebrauchsweise des Wortes in manchen Fällen tatsächlich vorliegt: Als ‚Kunst’ bezeichnen wir auch ein real existierendes Werk.

Weil Sprache uns gefangen nimmt, sie unsere Wahrnehmung ganz wesentlich prägt, weil diese Art der Deixis uns so viel plausibler erscheint und so viel einfacher zu verstehen ist, übertragen wir in der Kommunikation der Einfachheit halber die eine Redeweise auf die andere. Und reden auch von ‚der Kunst’  so, als handle es sich um ein konkretes Objekt, das in der aktualen Welt real existiert.

Hier stehen wir nun mit beiden Beinen tief im gut 2500 Jahre alten abendländischen Schlamassel der Philosophiegeschichte, den uns Platon mit seiner Ideenlehre eingebrockt hat. Und von der wir seitdem nicht lassen können. Wir kommen immer wieder auf die Idee, ein Werk als ‚Kunst’ zu bezeichnen, weil wir beim Gebrauch der Allgemeinbegriffe an der Idee der abstrakten Idee hängen: dem Wesen einer Sache.

Das Wesen: Auch so ein enorm praktikables, aber rein gedankliches Konstrukt, bei dem wir gewisse allgemeinverbindliche Merkmale imaginieren, um etwas als etwas benennen zu können. In unserem Falle: als ‚Kunst’.

Wenn’s allerdings konkret wird, wenn also das Wesen der Kunst benannt werden soll, an dem ein Werk, in welcher Form auch immer, teilhat und es, so geadelt, als ‚Kunst’ bezeichnet werden kann, dann wird’s in der Regel heikel. Was allerdings nicht, wie mancher nun meinen könnte, an der Kunst liegt. Nein: Das Problem ist prinzipieller Natur. Denn schon der vermeintlich einfachere Versuch, das Wesen eines Stuhls zu beschreiben, lässt einen schier verzweifeln: Welche Eigenschaften kennzeichnen einen Stuhl denn unzweifelhaft, eineindeutig, für alle Ewigkeit, in allen sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten als ‚Stuhl’? Mir fällt spontan nicht eine ein. Also weg mit dem Wesen. Zumindest solange, bis jemand derart charakterisierte Eigenschaften für die verschiedenen Fälle verbindlich definieren kann.

Verführerische Rede

Seit ewigen Zeiten haben wir das unstillbare Verlagen, selbst das Unbegreifliche begreifen zu wollen. Neigen dazu, Gedachtes als Seiendes aufzufassen. Abstraktes als Konkretes. Und bannen es dann nicht ohne Grund in Worte. Geben den Dingen Namen, um sie sich uns anzueignen. Untertan zu machen. Dabei machen wir im Gebrauch keinen Unterschied zwischen den Worten, denen konkrete Existenzen, physische Objekte entsprechen und den Worten, bei denen dies nicht der Fall ist. Wie eben bei „der Kunst“. Eine Neigung, die durch die Tendenz der sprachlichen Ökonomie, solche Feinheiten im Gespräch geflissentlich auszublenden, tatkräftige Unterstützung findet. Was einerseits zwar eben die Alltagstauglichkeit der Sprache sicherstellt, aber uns andererseits auch dazu verführt, Worte für bare Münze zu nehmen. Im alltäglichen Gespräch ebenso wie im Feuilleton oder in philosophischen Diskursen:

Wir reden über die Dinge in einer Weise, wie sie prinzipiell nicht sein können. Aber nur weil wir so reden, sollten wir nicht auch so denken. Stellt sich nur die Frage: Wie sind die Dinge dann zu denken?