Mittwoch, 30. März 2016


Der Markt, eine platonische Schnapsidee


Welchen Sinn hat es, ausgerechnet in einem Blog über ein solch steinaltes philosophisches Konzept wie die platonische Ideenlehre nachzudenken? Eine rein akademische Turn- und Fingerübung ohne jeden praktischen Nutzen? Oder hat uns das Höhlengleichnis im sokratischen Dialog Politeia doch noch irgendetwas zu sagen? Vielleicht eine heimliche Aktualität, verborgen unter dem Staub der Jahrtausende?

Platon stellt unsere sinnlich wahrnehmbare Welt als die unvollkommene Welt der vergänglichen, materiellen Dinge dar. Diese sind die Abbilder, die Schatten der Ideen, des eigentlich Seienden. Und eben diese Ideen sind ewig, beständig, unwandelbar und, leider, nur rein geistig zu erfassen.

Sie haben keine schnöde Art der Existenz wie es ein Stuhl oder Tisch hat. Ideen sind vollkommen. Und vollkommen geistiger Art. Doch wie hat sich dies der nun mal geistig etwas limitierte Mensch, also ich, vorzustellen? Wie soll dieses Sein sein? Haben die Ideen etwa eine vom Menschen gänzlich unabhängige Existenz? Setzt die Existenz der Ideen überhaupt die Existenz des Menschen voraus? Und wie ist das mit der Idee des ‚Menschen’ selbst? Kann es sie geben, ohne dass es den vergänglichen Menschen je gab, gibt oder geben wird? Und wenn ja: Wer oder was soll dann bloß diese rein geistige Idee konstituiert haben? Ein Gott? Unser Gott womöglich?

Theoretisches, philosophisches Gefasel? Verquastes Gemurmel? Mitnichten. Denn auch wenn in der Historie niemand mehr so recht daran glauben wollte, dass es ewige, präexistente Ideen gibt, die den vergänglichen Dingen ein Vorbild sind, so zündete doch der Funke im Hochmittelalter, der Vermittlung der griechischen Philosophie durch arabische Denker wie Avicenna und Averroes sei Dank. Und entfachte den sogenannten Universalienstreit der Scholastik, einer der wohl wirkmächtigsten intellektuellen Auseinandersetzungen des Abendlands.

Im Prinzip kreisten die gelehrten Disputationen um die Frage, ob denn auch die Allgemeinbegriffe, besagte Universalien, analog zu den Dingen eine eigene Seinsqualität besitzen oder eben nicht. Eine Frage, die, in vielfältiger Ausgestaltung, seitdem bis heute diskutiert wird.

Mensch’ ist solch ein Allgemeinbegriff. Der konkrete Mensch, der vor mir steht, existiert. Ganz offensichtlich. Existiert aber auch der ‚Mensch’ als solcher, über den ich mir seit geraumer Zeit so meine Gedanken mache? Oder existiert der nur in meinen Gedanken? In dem Moment, wo ich ganz allgemein über ihn spreche, spreche ich von ihm als ein abstraktes Etwas, nicht aber als eine konkrete Person: Dieser ‚Mensch’ existiert nur gedanklich, jener Mensch jedoch tatsächlich.

Klingt ja alles ganz putzig. Aber wo ist die praktische Relevanz? Die zeigt sich ganz schnell, wenn man sich einmal einige andere Allgemeinbegriffe anschaut. Und den Gedanken konsequent zu Ende denkt:

Zum Beispiel: ‚Staat’, ‚’Kirche’ oder auch ‚Markt’. Alles sind sogenannte Allgemeinbegriffe. Universalien. Abstrakte Entitäten. Und da diese ja, wie gesehen, zum einen nur gedanklich existieren, und zum anderen, anders als ‚Mensch’, ‚Stuhl’ oder ‚Tisch’, kein real existierendes Pendant haben, bedeutet das nichts weniger als:

Es gibt keinen Staat, keine Kirche und auch keinen Markt.

Ein unerhörter Gedanke. Aber so ist es. Der Markt, ein von Menschen geschaffenes gedankliches Hilfskonstrukt, das mir, als Begriff, äußerst nützliche Dienste in der täglichen Kommunikation leistet. Aber eben doch ein Hilfskonstrukt bleibt, bei dessen beeindruckenden Möglichkeiten, die es einem bietet, man nie vergessen darf, dass es sich eben nicht um ein real existierendes Etwas handelt. Real existieren tun allein wir, die Marktteilnehmer.

„Das Allgemeine gehört nicht zum Bereich der existierenden Dinge, es ist vielmehr Erfindung und Produkt des Verstandes, der es sich für seinen eigenen Gebrauch herstellt.“
John Locke, An Essay concerning Human Understanding, (1690)

Es gibt keinen Markt, es gibt immer nur die in verschiedenen, überaus komplexen Kontexten sozial interagierenden Menschen, deren Handlungen sich im Laufe der Zeit dann als das manifestieren, was wir der einfacheren Verständigung zuliebe als ‚Staat’, ‚Kirche’ oder auch ‚Markt’ bezeichnen.

Nur: Wenn es keinen real existierenden Markt gibt, dann gibt es auch keine obskuren und doch immer wieder gerne beschworenen Selbstheilungskräfte des Marktes. Denn was nicht ist, kann sich schlecht selbst heilen. Oder empfindlich reagieren. Das können lediglich die Marktteilnehmer. Also wir.

Der Markt ist kein unabhängig von uns Handelnden existierendes Substrat. Er existiert allein im Moment unseres kollektiven Handelns. Und nur dann. So wie es ja auch bei der Sprache der Fall ist. Was übrigens schon Wilhelm von Humboldt wusste.

Stereotype wie ‚Marktgesetze’ oder ‚Selbstheilungskräfte des Marktes’ suggerieren uns aber, dass es ein außerhalb und unabhängig von uns Handelnden existierendes Etwas, eine platonische Chimäre namens ‚Markt’ gibt. Und wenn der Markt bei der einen oder anderen Krise taumelt, geht Wirtschaft und Wissenschaft nur zu gerne davon aus, dass er nicht uns folgt, sondern inhärenten Gesetzmäßigkeiten. Der hübsche Nebeneffekt: Da, wo ganz fatalistisch die Mathematik mit unerbittlicher Strenge und Stringenz regiert, bin ich raus aus der persönlichen Verantwortung und Verantwortlichkeit.

Wir lassen uns von der Sprache nun mal gerne am Nasenring durch die Manege führen. „Reine Verstandesbegriffe sind Fiktionen“, so Franz von Brentano. Was nicht weiter schlimm wäre, wenn nicht die Menschen generell dazu neigen würden, Fiktionen für bare Münze zu halten.

Montag, 28. März 2016


Eine sokratische Anregung: nachösterliche Gedanken


Am Anfang war der Big Bang? Nicht ganz. Denn auch der Big Bang fing mal klein an
als Singularität. So bezeichnet man den Ausgangspunkt von allem, den absoluten, also von allem losgelösten Nullpunkt unseres Seins. Er ist ohne jede Dimension. Aber dabei nicht Nichts. Sondern Alles. Schließlich konzentriert sich hier all das, was im All ist. Allerdings noch ohne Raum und Zeit: Beides ist eins, zwei Seiten einer Medaille und Resultat der kosmischen Initialzündung, der Inflation vulgo Urknall. Insofern ist jede Frage nach der Genese der Singularität obsolet, denn sie impliziert eine zeitliche Dimension, ein Vorher, eine Konstitution von Allem in eben dieser nicht dimensionalen Singularität. Obsolet schon deshalb, weil logisch unmöglich. Oder zumindest: für uns undenkbar.

Wie gesagt: Erst in der Inflation, der überlichtschnellen Expansion im Urknall, wurde Raum und eben auch Zeit geboren. Vor der Zeit gab es keine Zeit. Und damit auch kein ‚Vorher’. Aber dennoch stellt sich uns doch arg beschränkten Wesen die kindlich-naive Frage: Woher kommt bloß diese Singularität? Wie und durch was oder wen wurde sie erschaffen? Creatio ex nihilo, erschaffen aus dem Nichts? Die Wiederkehr des ewig Gleichen, ein unergründlicher Kreislauf von Singularität, Inflation, kosmischer Expansion, Implosion und maximale Reduktion in einem Schwarzen Loch unbeschreiblichen Ausmaßes – eben der Singularität? Ein infiniter Regress, eine Reductio ad absurdum?

Oder ist die Singularität vielleicht doch kraft einer göttlichen Instanz? War es ein göttlicher Wille, ja Gott selber, der in einem imperativen, deklamatorischen Akt der Finsternis ein Ende setzte: ‚Es werde Licht!’ ? Eine erhebende, geradezu erhabene Vorstellung, insbesondere zu Ostern. Da, wo das Wissen endet, beginnt der Glaube. Aber wie’s der Teufel so will, nimmt er just in diesem Moment Gestalt als Descartes an. Und nährt den Zweifel: Am Anfang war das Wort?

Das Wort: der Logos. Rede. Erzählung. Behauptung. Gott selbst. Gottes Wort. Sein ewiges Denken. Weltgeist. Christus. Lehre. Vernunftprinzip. Ja: die Vernunft als solche. Das finale Ende der Ödnis durch Gottes linguistic turn. Die Schöpfung: ein Sprechakt? Die Singularität als das Wort Gottes, der Logos als archimedischer Punkt: Gib mir einen Punkt, wo ich sicher stehen kann, und ich erschaffe die Welt.

So etwas vermag nur Gott. Oder ein Gott. Aber kein Mensch, auch kein Archimedes. Was ist aber nun mit denen, die Xenophanes und seine spöttische Rede von den kuhischen Göttern der Kühe, den pferdischen der Pferde und den menschlichen der Menschen im Ohr haben? Die sich seitdem so gar nicht mehr einen personalisierten Gott vorstellen können, schon gar keinen sprechenden?

Wer so an Gott zweifelt, muss nicht verzweifeln. Ganz im Gegenteil. Denn gerade im Moment seines größten Zweifels hat der Zweifelnde eine unbezweifelbare Gewissheit: Dubito ergo sum, ich zweifle, also bin ich. Mein Zweifel ist es, der mir die Gewissheit konstituiert, dass ich bin. Dies ist mein ganz persönlicher archimedischer Punkt, der es mir sogar erlaubt, einen Schritt weiter als Sokrates zu gehen: Dank meines Zweifels weiß ich etwas. Nicht viel vielleicht. Aber das für mich Wichtigste: Ich bin. Diese Einsicht lässt mich selbst-bewusst werden. Und gleichzeitig unendlich demütig. 

Das kann sich gegebenenfalls noch als ganz hilfreich erweisen. Bietet diese Demut doch einen gewissen Schutz vor der selbstgefälligen Arroganz eines jedes Wahrheitsanspruchs. Und dabei handelt es sich nach aktuellem Stand derzeit um 7.320.406.253 im Zweifelsfall miteinander konkurrierende Wahrheitsansprüche. Genauer gesagt, um 7.320.406.581. 7.320.407.497. 7.320.408.620.

Mittwoch, 23. März 2016


Wenn die Kühe Götter hätten


Thales, Parmenides, Heraklit, Demokrit, Sokrates, Platon, Aristoteles. Diese Namen aus dem Pantheon der griechischen Philosophie sind wohl jedem beflissenen Bildungsbürger geläufig. Aber der Vorsokratiker Xenophanes? Wenn sein Name fällt, zucken die meisten nur ratlos mit den Schultern. Eigentlich verwunderlich, war dieser Philosoph aus dem kleinasiatischen Kolophon doch einer der originellsten, innovativsten und in mancherlei Hinsicht auch radikalsten Denker des Altertums. Ein ganz eigener Kopf, der sich kaum um Traditionen und überkommene Lehrmeinungen scherte, ein „Sturmvogel der Aufklärung“, wie ihn Wilhelm Capelle nannte.

Unser Wissen, so Xenophanes um 500 v. Chr., sei doch nichts weiter als reine Vermutung und Meinung. Eine Wahrheit vermögen wir nicht zu erkennen, wir können uns ihr bestenfalls annähern. Diese skeptische Haltung machte auch vor dem olympischen Götterhimmel nicht halt: Xenophanes zweifelte nicht allein daran, dass wir je etwas Gesichertes über die Götter werden erfahren können, er stellte auch gleich den gesamten anthropomorphen Polytheismus des alten Hellas in Frage. Geradezu götterlästerlich gelangte er so zu einer zu seiner Zeit bemerkenswert agnostischen Position:

Das All als Ganzes ist eins, ewig, nicht entstanden und unveränderlich, ganz „mit der Gesamtheit der Dinge verwachsen“. Und weiter: „Wenn aber die Gottheit das Mächtigste von allem ist, dann kann sie nur eine einzige sein“. Das All-Eine als die eine allumfassende Gottheit, die ganz Geist ist: „ganz sieht er, ganz denkt er, ganz hört er“. Philosophiert Xenophanes hier noch auf einer theologisch-theoretischen Ebene, die einen fast schon an die scholastischen ‚Disputationes’ um das Wesen Gottes erinnern, so wendet er sich im nächsten Moment ganz lebenspraktisch unserer naiven Beschränktheit zu, mit der wir unreflektiert den Topos vom personalisierten Gott in die Welt gesetzt haben, der das Weltbild ganzer Zeitalter, Zivilisationen und Religionsgemeinschaften mit prägte. Und pulverisiert ihn mit fast schon satirischem Spott:

Die Äthiopen stellen sich ihre Götter schwarz und stumpfnasig vor, die Thraker dagegen blauäugig und rothaarig“.

Das, was damals für die Griechen galt, gilt in gleicher Weise auch heute noch für uns. Unser Bild von Gott ist von unserem Bild vom Menschen geprägt. Da sind wir ganz einfach strukturiert. Wir haben die unheilige Neigung, nicht zu abstrahieren, die Dinge nicht aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, uns nicht in andere hineinzuversetzen. Nur zu gerne gehen wir von uns aus, sehen die Welt nur mit unseren Augen. Ganz generell, bis hinein in die profansten Dinge unseres Alltags. Menschlich zwar, aber doch recht beschränkt. Und keine gute Voraussetzung für ein gedeihliches Zusammenleben. Wie wir es gerade ganz aktuell mal wieder erleben dürfen. Für die meisten Menschen gibt es nur eine gültige Sichtweise der Dinge: die eigene. Die eigene Wahrheit als die einzige Wahrheit. Dumm nur, dass sie natürlich jeder für sich reklamiert. Damit hat man dann einen ganzen Sack voll konkurrierender Wahrheiten mit Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Das kann nicht gut gehen. Gerade, wenn es um religiösen Fanatismus oder heilsgewisse Alleinvertretungsansprüche jedweder Couleur geht.

An diesem Punkt wird es bei Xenophanes, gerade im Hinblick auf die heutigen Ereignisse, noch einmal so richtig spannend. Denn er gibt nicht allein unsere eingeschränkte, monoperspektivische Weltsicht der Lächerlichkeit preis. Nein, er geht einen entscheidenden Schritt weiter – er gibt jede religiöse anthropozentrische Weltsicht der Lächerlichkeit preis:

Wenn Kühe, Pferde oder Löwen Hände hätten und damit malen und Werke wie die Menschen schaffen könnten, dann würden die Pferde pferde-, die Kühe kuhähnliche Götterbilder malen und solche Gestalten schaffen, wie sie selber sind“.

Das ist nichts weniger als der endgültige Abschied vom personalisierten Gott. Und damit fast so etwas wie die Kopernikanische Wende in der Theologie. Aber wer so an dem Gott zweifelt, den er vor Augen hat, muss nicht verzweifeln. Ganz im Gegenteil. Denn in diesem Moment des größten Zweifels hat er doch eine unbezweifelbare Gewissheit: Dubito ergo sum, ich zweifle, also bin ich. So Rene Descartes, der Großmeister der Aufklärung. Der Zweifel konstituiert die Gewissheit, dass ich bin: Diese Einsicht lässt einen demütig werden. Und diese Demut imprägniert zwar nicht vollends, aber sie bietet zumindest einen gewissen Schutz vor der selbstgefälligen Arroganz eines jedes Wahrheitsanspruchs. Insbesondere des eigenen.

Montag, 21. März 2016


Eine selbsterfüllende Prophezeiung


Im Rahmen des aktuellen U.S. News & World Report wurden 16.000 Bürgern aus 60 Ländern befragt. Das doch ziemlich überraschende Resultat dieser Erhebung. Die Mehrheit der Befragten kürte Deutschland zum „Besten Land der Welt“. Ein Ergebnis, auf das man durchaus stolz könnte, hatte Deutschland doch über Jahrzehnte ein, gelinde gesagt, lausigen Ruf. Wenn, ja wenn da nicht das Ergebnis einer anderen Untersuchung wäre, das einen etwas stutzig macht: der World Happiness Report 2015 der UNO. Dieser Report beleuchtet die Zufriedenheit der Menschen in den einzelnen Ländern. Und da ergibt sich ein befremdliches Bild: Deutschland landet recht abgeschlagen auf Platz 26 von 158 Ländern.

Woher kommt diese signifikante Diskrepanz zwischen Fremd- und Eigenwahrnehmung? Wir haben ein Bruttosozialprodukt und eine Außenhandelsbilanz, um die uns die Welt beneidet. Eine im internationalen Maßstab vorbildliche Rechtsstaatlichkeit. Eine allgemein akzeptierte Stellung der Presse als vierte Gewalt der Demokratie. Ein solides soziales System, das sich trotz aller systemischen Schwächen weitgehend bewährt hat. Vor allem: innere Sicherheit und stabilen Frieden seit nunmehr 70 Jahren. Aber – glücklich ist der Deutsche dennoch nicht.

Aus der nüchternen Faktenlage ergibt sich keine hinreichende Erklärung dafür, warum das so ist. Sind es also eher subjektive, intuitive oder irrationale Faktoren? Ist es vielleicht vorauseilende Angst um mögliche soziale Spannungen aufgrund der aktuellen Flüchtlingskrise? Angst vor dem Verlust unserer hohen Lebensqualität? Ein solches Phänomen der Differenz zwischen subjektiver Wahrnehmung und objektiver Realität haben die beiden amerikanischen Soziologen Dorothy Thomas und William Thomas bereits 1928 beschrieben – sinniger Weise am Beispiel paranoiden Verhaltens: „Wenn die Menschen Situationen als wirklich definieren, sind sie in ihren Konsequenzen wirklich.“ Und zwar ganz gleich, wie irreal diese Situationen auch sein mögen. Diese Erkenntnis ist in der Verhaltensforschung als das ‚Thomas-Theorem’ bekannt.

Geradezu idealtypisch funktioniert dieser Mechanismus, wie der amerikanische Soziologe Robert Merton zeigte, bei sozialen Vorurteilen: Angenommen, ich behaupte, muslimische Flüchtlinge sind eine Bedrohung für den sozialen Frieden und die Lebensqualität. Ganz egal, ob diese Behauptung nun objektiv begründet ist oder nicht – sie mündet unweigerlich in der Forderung, muslimische Flüchtlinge vor Ort auszuschließen, sie auszugrenzen, ihnen jegliche Integrationsmöglichkeit zu verwehren. Das führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu verstärkten sozialen Konflikten und Spannungen, auch innerhalb der Gruppe der Flüchtlinge. Im Extremfall werden die Flüchtlinge im Verlaufe der Ereignisse dann zu genau dem, was prognostiziert wurde: zu einer Bedrohung für den sozialen Frieden und der Lebensqualität. Eine selbsterfüllende Prophezeiung par excellence:
Das erwartete Verhalten eines anderen wird durch mein eigenes Verhalten erst herbeigeführt.

Soweit sind wir noch nicht in Deutschland, die irrationale Xenophobie hält sich in Grenzen. Noch. Denn immer mehr solcher Stimmen werden laut, auch aus gewöhnlich gut situierten Kreisen. Und das in unserer derzeitig so privilegierten Situation, wirtschaftlich, sozial wie politisch. Was passiert aber, wenn sich unsere ökonomische Lage in den nächsten Jahren tatsächlich merklich eintrüben sollte und es uns dann de facto so schlecht geht, wie sich der Deutsche laut ‚World Happiness Report 2015’ heute schon fühlt? Mir schwant nichts Gutes.

Donnerstag, 17. März 2016


Es gärt



Es gärt gewaltig in der deutschen Mitte. Noch weitgehend versteckt hinter Türen. In sozialen Medien. Oder im privaten Rahmen. Doch was sich da zusammenbraut, ist eine trübe, ungenießbare Brühe. Eine, die zudem hier wohl bekannt ist. Aus Zeiten, als Leute vom Schlage Hugenbergs meinten, die deutsche Volksseele retten zu müssen, am Ende jedoch die Geister, die sie riefen, nicht mehr los wurden.

Sie haben sich mit ihnen gemein gemacht, um sie für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Nur unterschätzten sie in ihrer selbstgerecht naiven Arroganz die normative Kraft des Faktischen, zu der eine zu allem entschlossene Minderheit imstande ist. Sie konnten den brauen Mob nicht mehr beherrschen, sie wurden von ihm beherrscht. Und entsorgt. Das völkische Grauen konnte fröhlich-pathetisch Urständ feiern, während der großbürgerliche Kleinbürger darob entsetzt die Arme hob und schrie: Das wollt ich nicht, damit hab’ ich nix zu tun!

Das Gefährliche ist, dass an vielem, was derzeit gesagt wird, etwas dran ist. Im Deutschland dieser Tage wird eine Menge zu Recht kritisiert und auf tatsächliche Missstände hingewiesen. Nur dann schaltet der besorgte Bürger mit einem mal das Großhirn aus und lässt das Stammhirn schalten und walten. Und statt Vernunft und Verstand ihren Dienst tun zu lassen, statt abzuwägen und die Dinge aus unterschiedlichen Blickwinkeln, in all ihren Facetten, Konsequenzen und historischen Dimensionen zu betrachten, bricht sich eine einfach strukturierte, monoperspektivische Denkweise Bahn.

Aber sollten wir nicht alle Kinder der Aufklärung sein? Die ist schließlich, so Kant, der Ausgang des Menschen aus seiner selbst-verschuldeten Unmündigkeit. Mündige Bürger haben wir zu werden, die sich nicht dumpf von anderen den Weg weisen lassen, sondern den Mut haben, selber zu denken. Die nicht mit dem Finger auf andere zeigen, sondern sich immer erst hübsch an die eigene Nase fassen. Die nicht munter drauflos schwadronieren, sondern erst über das zu Sagende reflektieren. Und dann vielleicht besser einfach mal die Klappe halten.

In diesem Fall hätte man vielleicht die Chance zu erkennen, dass die plump eindimensionalen Argumentationen, wie sie einem derzeit aus dunklen Ecken und Kanälen deutsch-national und radikal-konservativ zugeraunt werden, strukturell nicht sonderlich weit von den Argumentationen entfernt sind, mit denen seinerzeit die Heilsritter der rein arischen Rasse das Land mit kaltschnäuziger Berechnung überzogen haben. Wobei es höchst lehrreich ist zu wissen, was diese damals von ihrem eigenen Volk dachten und warum ihre Botschaften so eindimensional zu sein hatten: Schlichte Botschaften fürs schlichte Volk – das sichert den Erfolg bei den Massen. Oder um es mit den eigenen Worten des Führers zu sagen:

„Jede Propaganda hat volkstümlich zu sein und ihr geistiges Niveau einzustellen nach der Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten unter denen, an die sie sich zu richten hat ... Damit wird ihre rein geistige Höhe um so tiefer zu stellen sein, je größer die zu erfassende Masse der Menschen sein soll.
Adolf Hitler, Mein Kampf (1925)

Da, wo Ehre, Stolz und Vaterland ins Spiel kommen, weicht schnell die Kraft rationaler Argumente. Da erhebt sich der Mensch über andere, reklamiert die Wahrheit allein für sich: Die eigene Wahrheit wird zur einzigen Wahrheit. Andere Meinungen werden erst als persönliche Beleidigungen empfunden. Dann als Gefahr. Und Bedrohung für Volk und Vaterland, für die deutsche Kultur im Besonderen und das christliche Abendland im Allgemeinen. Darauf muss gnadenlos reagiert werden.

Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch. Fruchtbar nicht allein in
in Syrien, Somalia, Uganda oder Nord-Korea. Nein, überall. Auch bei uns. Oder in Polen, Ungarn, der Slowakei, Frankreich und Finnland. Es ist, nach den unvorstellbaren Gewaltexzessen in den vergangenen 2000 Jahren, vor allem der „Humanitären Revolution der Aufklärung“ (Steven Pinker) zu verdanken, dass uns, trotz aller grauenvollen Rückschläge im 20. Jahrhundert, der Zivilisationsprozess ein historisch ungekanntes Maß an Empathie und Selbstbeherrschung gebracht hat. Insbesondere im zwischenmenschlichen Alltag.

Doch wenn der Einzelne nicht bereit ist, Verantwortung für sich, sein Handeln und die Geschichte zu übernehmen, kehrt, so Popper, auch die Gewalt zurück. Und mit ihr die Barbarei. Unweigerlich.

Mittwoch, 16. März 2016



Schwarze Milch der Frühe

„Dein aschenes Haar Sulamith wir schaufeln ein Grab in den Lüften da“
Paul Celan, Todesfugel(entstanden 1944/45)

In diesen Tagen wurde ein Krefelder AfD-Mitglied aufgrund seiner Parteizugehörigkeit aus der Arbeiterwohlfahrt in Frankfurt ausgeschlossen. Laut der Rheinischen Post kommentierte sein zuständiger Kreisverband dies auf facebook mit den Worten: "Und immer weitere Berufsverbote für AfDler kommen hinzu. Freuen Sie sich schon auf den blauen Stern? Wir wissen: Wir werden den Stern wie eine Auszeichnung tragen! Bis zum bitteren Ende!"

Der blaue Stern ist natürlich eine Referenz an den gelben Stern, den die Juden in Nazi-Deutschland ab 1935 als stigmatisierendes Kainsmal tragen mussten. Und der symbolisch den Beginn ihrer vollständigen Entmenschlichung markierte. Ihr bitteres Ende ist bekannt: sie gingen ins Gas, in Sobibor, Treblinka und Auschwitz-Birkenau. Ihr Tod war ein Meister aus Deutschland.

Wenn die AfDler also hier von ihrem bitteren Ende sprechen, so konstruieren sie in propagandistischer Logik gezielt eine perfide Analogie zwischen den damaligen Ereignissen und ihrer eigenen Situation heute. Und lassen unserer Phantasie freien Lauf, worin das bittere Ende der AfDler in den nächsten Jahren wohl bestehen könnte, wenn der Entwicklung kein Einhalt geboten wird.

Ganz abgesehen von der historischen Absurdität dieser Analogie – das ist schamlos. Täter stilisieren sich zu Opfern. Und stellen sich in eine Reihe mit den Millionen Opfern des Fanal gewordenen Menschheitsgrauens.

Moralisch tiefer kann man kaum mehr sinken.

Dienstag, 15. März 2016


Was, bitteschön, ist eigentlich christlich?


"Inzwischen gehen die gelehrten Religionsdeuter davon aus, dass es rund 33.000 rechtlich eigenständige christliche Religionsgemeinschaften oder Kirchen gibt."
Friedrich Wilhelm Graf, Götter Global (2014)

Mitte des 14. Jahrhunderts schrieb Giovanni Boccaccio seine stilprägende Novellensammlung „Das Dekameron“, ein von charmantem Witz und Realismus geprägtes Meisterwerk der Renaissance. Darin enthalten ist eine kurze prosaische Erzählung, die gut 400 Jahre später Lessing zu seinem berühmten Drama „Nathan der Weise“ inspirierte und in der deutschen Aufklärung geradezu zum Paradebeispiel für gelebte religiöse Toleranz und Aufgeschlossenheit wurde: die Ringparabel.

Das, was Boccaccio im spätmittelalterlichen Florenz zu Papier brachte, war damals nicht weniger als heute alles andere als opportun, stellte er sich doch tatsächlich die ungeheuerliche Frage, welche der drei abrahamitischen Religionen der Vorrang gebührt. In katholischen Ohren muss das wie blanke Blasphemie geklungen haben. Sein Verfasser: ein Sünder, Ketzer, eindeutiger Kandidat für Dantes Purgatorium. Den Mördern des Messias den Vorrang einräumen? Oder gar den gottlosen Schlächtern aus den Wüsten Arabiens? Und doch – Boccaccio nahm sich ganz unverfroren die Freiheit, an exponierter Stelle, in der dritten Geschichte des ersten Tags, ein Plädoyer für die Toleranz der verschiedenen monotheistischen Religionen untereinander zu halten, die wir heute so schmerzlich vermissen:

„Jedes der Völker glaubt seine Erbschaft, sein wahres Gesetz und seine Gebote zu haben, damit es sie befolge. Wer es aber wirklich hat, darüber ist, wie über die Ringe, die Frage noch unentschieden.“

Unentschieden bis heute. Weil nicht zu entscheiden. Sagt eine Minderheit, die sich selbst als religiös tolerant und aufgeklärt empfindet. Die überwiegende Mehrzahl der rund 4 Milliarden Vertreter der drei monotheistischen Weltreligionen aber, und zumindest darin sind sie sich völlig einig, widerspricht der Ansicht mit größtmöglicher Entschiedenheit. Denn auch heute noch hält sie einzig das für wahr, woran jeweils sie glaubt. Es gibt für sie nur eine Wahrheit: die eigene. Alles andere als die eigene Sicht der Dinge ist Häresie. Blasphemie. Frevel. Götzenkult. Und wie mit dem zu verfahren ist, der nicht dem rechten Pfad des Glaubens folgen will, ist dann letztlich immer nur eine Frage der jeweiligen Stimmungslage und Machtverhältnisse. Da reicht die Bandbreite von gütiger Gleichgültigkeit bis hin zu blutrünstiger Rache. Immer schon, seit Jahr und Tag.

Christentum. Judentum. Islam. Zu Boccaccios Zeiten war die Welt, zumindest was die Religionen betraf, noch halbwegs in Ordnung. Sicherlich, es gab auch damals schon Sunniten, Schiiten und Charidschiten, Katholiken, Orthodoxe und Kopten. Und auch im Judentum lagen sich diverse divergierende Strömungen bisweilen in den Haaren. Aber alles in allem war es doch eine durchaus überschaubare Situation mit recht klaren Fronten und Abgrenzungen. Geradezu paradiesische Zustände im Gegensatz zu heute. Insbesondere, was das Christentum betrifft:

„Inzwischen gehen die gelehrten Religionsdeuter davon aus, dass es nun rund 33.000 rechtlich eigenständige christliche Religionsgemeinschaften oder Kirchen gibt."
 
Dreiunddreißigtausend. Das, was Friedrich Wilhelm Graf hier beschreibt, ist nichts weniger als die vollständige Fraktalisierung des Christentums in eine unüberschaubar gewordene Anzahl von „Christentümern“. 33.000 christliche Religionsgemeinschaften, von denen im Zweifelsfall jedes einzelne Kirchenvolk „seine Erbschaft, sein wahres Gesetz und seine Gebote zu haben“ glaubt, damit es von allen befolgt wird.

Das gäbe der Ringparabel nicht nur mathematisch gesehen eine mithin exponentielle Dimension, das wirft auch eine geradezu satirisch anmutende, grundsätzliche Frage auf: Wovon reden wir hier eigentlich, wenn wir von ‚christlich’ reden?
Haben alle 33.000 tatsächlich eine gemeinsame oder zumindest konsensfähige Vorstellung davon? Sind sich alle darin einig, was eine Kultur zu einer ‚christlichen’ Kultur macht und welche Werte ‚christliche’ Werte sind? Und was ist mit dem endzeitlichen Schreckensszenario, das derzeit auf sächsischen Montagsdemonstrationen und diversen Wahlveranstaltungen deutschlandweit radikal-nationalistisch als muslimischer Migrationstsunami“ apostrophiert wird, dem unweigerlich der Untergang unserer abendländischen Kultur und christlichen Werte folgen wird – Werte, von denen keiner so recht weiß, um welche es sich eigentlich handelt?

‚Bibeltreue’ vielleicht, wie sie evangelikale Christen gerne predigen und damit nichts anderes meinen als ihr wortgetreues, streng konservatives Verständnis der Bibel? Oder die Werte, die die Bergpredigt uns lehrt? Ist es allein der Glaube an Gott, aus dem sich alle anderen Werte ableiten? Sind es eher allgemeine Tugenden? Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Nächstenliebe? Sind die christlichen Werte also womöglich gar nicht originär christlich? Das würde zumindest die Ansicht des muslimischen CDU-Politiker Bülent Arslan nahelegen: „Wenn man sich die Werte ansieht, die im CDU-Grundsatzprogramm enthalten sind, dann sind das alles Werte, die man als aufgeklärter Muslim auch im Islam wieder finden kann: Gerechtigkeit, Freiheit, die Bedeutung der Familie.“ Christliche Werte in Übereinstimmung mit islamischen Werten? Der Koran also doch nicht menschenfeindlich? Was wohl Frau Steinbach entsetzt dazu twittern würde? Und was Ted Cruz, der Liebling der Evangelikalen und letzte Ausfahrt des republikanischen Establishments vor Donald Trump? Oder die erzkonservative, altkonfessionelle lutherische Bekenntniskirche, der auch die ehemalige Familienministerin Kristina Schröder angehört? Gibt es denn nicht wenigstens so etwas wie einen kleinsten gemeinsamen Nenner, einen verbindlichen Kanon christlicher Werte unter Kopten, griechisch-/bulgarisch-/serbisch-/russisch-Orthodoxen, Syrisch-Katholischen, Maroniten, Thomaschristen, Evangelikalen, Kreationisten, Neo-Baptisten, Pfingstlern, Katholiken, Alt-Katholiken, Reformierten und Protestanten?

Nein. Gibt es nicht. Zumindest keinen mit Werten, die für sich allein beanspruchen können, als rein ‚christlich’ zu gelten. Gerade, wenn man weiß, dass der Islam, zumindest in seiner mekkanischen Phase, so Hamed Abdel-Samad, ganz ausdrücklich „das friedliche Zusammensein mit Andersgläubigen“ betont. Ja, es kommt noch schlimmer, ist doch der Islam uns historisch gesehen deutlich näher, als so manchem lieb sein dürfte: Der Koran ist, nach Christoph Luxenberg, vermutlich ein dem Syro-Aramäischen entlehnter Begriff, ‚qiryan’. Es bezeichnete, so Abdel-Samad, „das Liturgiebuch ..., das die syrischen Christen in der Kirche für ihre Gebete in Mohammeds Zeit benutzten“. Und weiter vermutet Luxenberg in seiner korankritischen Analyse, dass eben dieser Koran sogar „christliche Ursprünge hat“, die „sich aber im Laufe der Zeit entwickelt und verselbständigt“ haben. So gesehen ist es kaum verwunderlich, dass die heilige Schrift des Islam Jesus, so Navid Kermani, „das Wort Gottes“ nennt. Und nur ihn. Nicht aber Mohammed. Auch steht seine jungfräuliche Geburt, die unbefleckte Empfängnis Marias, für den Moslem außer Frage. Issa ben Maryam, Jesus, Sohn der Maria, ist nicht, wie der letzte aller Propheten, gezeugt, sondern allein das Ergebnis eines schöpferischen Akts. Ein Imperativ Gottes: Sei! Der Sufismus schließlich, die spirituell-mystische Strömung innerhalb des Islam, geht sogar noch einen radikalen Schritt weiter. Für sie ist Jesus Mensch, „der zum ‚ruhullah’ wurde, zum ‚Geist Gottes’, wohingegen Mohammed ‚rasulullah’ blieb: ‚Gesandter Gottes’, also von Gott unterschieden“.

Bedarf also bereits die Signatur ‚christlich’ einer kritischen Bestandsaufnahme, so ist das bei der Zuschreibung „christliches Abendland“ vollends der Fall. Denn was genau ist damit gemeint, wo doch unsere christliche Historie und Kultur selbst noch bis ins frühe Mittelalter eine in weiten Teilen morgenländische war? Die Heimat der biblischen Überlieferung: Ur. Harran. Ägypten. Kanaan. Babylon. Judäa. Samaria. Augustinus, Sohn einer Berberin. Die ökumenischen Konzile der Alten Kirche, bis zum letzten 787 in Nicäa, fanden ausnahmslos in Kleinasien statt. Lange, bevor Rom zum unangefochtenen geistigen Zentrum des Christentums wurde, waren Alexandria, Antiochia und Konstantinopel der Ewigen Stadt darin mindestens ebenbürtig. Armenien, 301 das erste Land, welches das Christentum zur Staatsreligion machte. Und heute noch gibt es von Äthiopien über Syrien bis zum Irak eine durchgehende christliche Tradition, die deutlich älter ist als die Mitteleuropas.

Aufklärung und das Primat der Vernunft – ein abendländisches Phänomen? Auch solch eine populäre Lesart, die leider nicht ganz zutreffend ist. Bassam Tibi weist nicht ohne Grund darauf hin, dass zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert, beginnend mit Avicenna (Ibn Sina), geradezu ein „islamischer Rationalismus“ geherrscht hat, der mit Averroes (Ibn Ruschd) in al-Andalus seine Blüte fand. Eben dieser Ibn Ruschd ist der wesentliche Vermittler der aristotelischen Philosophie, ohne ihn wäre die gesamte Scholastik von Albertus Magnus über Thomas von Aquin bis hin zu Wilhelm von Ockham und, in ihrer geisteshistorischen Konsequenz, auch die Aufklärung kaum denkbar. Diese geistige Blüte des Islam fand ihr jähes Ende erst „in der Eroberung und Plünderung der Metropole Bagdad durch die Mongolen 1258“ (Ulrich Rebstock).

Sagen’ und ‚Meinen’ sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Darauf hat der englische Sprachphilosoph H.P. Grice aufmerksam gemacht. Wenn 33.000 Religionsgemeinschaften ‚christlich’ und ‚christliche Werte’ sagen, meinen sie noch lange nicht dasselbe. Und wenn auf den diversen Montagsdemonstrationen und in allabendlichen Talk-Shows xenophobe, ewiggleiche Blut und Boden geschwängerte Stereotypen skandiert werden und damit theatralisch der Untergang unserer ‚christlichen’ Kultur und Werte beschworen wird – was meinen diese selbsternannten Apologeten des Abendlands dann wohl damit?  

Die Bedeutung eines Wortes ist keine simple lexikalische Kategorie, sie ist „sein Gebrauch in der Sprache“ (L. Wittgenstein). Jede Gruppierung konstituiert so ihren eigenen Soziolekt. Auch diese. Und diese sogar ganz gezielt und intentional. Insbesondere bei solchen abendländischen Kernbegriffen. Dabei geht sie in ihrem ganz und gar nicht herrschaftsfreien Diskurs im Sinne unserer unheiligen propagandistischen Tradition noch einen perfiden Schritt weiter: Sie versucht über den redundanten und penetranten Gebrauch dieser Begrifflichkeiten den von ihnen definierten, streng konservativ konnotierten Bedeutungsgehalt als für alle verbindlich zu erklären. ‚Christlich’ wäre somit am Ende genau das, was Pegida und AfD damit meinen.

Nur konsequent, dass die Damen Petry, von Storch, Schröder und Steinbach in diesem sprachlichen Kontext ihr wertkonservatives Frauenbild zur verbindlichen deutschen Heilsperspektive zu verklären versuchen. Und in ihrem Übereifer nicht wahrnehmen, dass sie damit dem Frauenbild eines moderat konservativen Islam weit näher stehen als dem der aufgeklärten, emanzipierten Gesellschaft des Westens. Aber das ist wieder ein anderes Thema...

Donnerstag, 10. März 2016


Ein Hoax?


"Ihr aber lernet, wie man sieht statt stiert
Und handelt, statt zu reden noch und noch.
So was hätt einmal fast die Welt regiert!
Die Völker wurden seiner Herr, jedoch
Dass keiner uns zu früh da triumphiert
Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch."
Bertolt Brecht, Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui (1941)


Das Christentum ist in akuter Gefahr. Und damit wir, das christliche Abendland und mit ihm die christlichen Werte. Was wir derzeit erleben, ist eine „Völkerwanderung nach Europa“. Eine „Flüchtlingsinvasion“, ein „muslimischer Migrationstsunami“. So dräut es bereits in den einschlägigen, radikal-nationalistischen Foren und Blogs. Ganz offen, ganz aktuell. Und ganz ungeniert. Perfide setzt, so dort der Tenor, der Islam „bei seinem dritten Versuch, das christliche Abendland zu okkupieren ... die Waffen der mitleidserregenden Bilder“ ein, mit denen die deutsche Regierung und die „sie unterstützenden, weitgehend gleichgeschalteten Medien“ nun systematisch die „deutschen Gutmenschen durch monatelange Gehirnwäsche auf Empathie“ programmiert.

Es ist „das Reptil Merkel“, das den Deutschen „den finalen migrantiven Todesstoß zu setzen“ versucht. Denn „das Reptil besteht nur aus Lüge und Grausamkeit, diese Kreatur hat nichts mehr mit einem Menschen zu tun.“ Und die in Griechenland gestrandeten Flüchtlinge sind mitnichten Flüchtlinge, sondern reine „Wohlstandsreisende“. Sollten „die Kinder der Reiseparasiten jetzt grausam zugrunde gehen, hat das unmenschliche Reptil (das) allein zu verantworten“. Was ja fast schon wieder ein Glück für uns wäre, würden doch sonst „die von Tillich und Merkel Hereingeholten ... in der BRD vergewaltigen, Kinder schänden, rauben, morden und sich sonst mit Verbrechen die Zeit vertreiben“.

Als wäre unsere „migrantive Ausrottung“ nicht schon Unheil genug, erfährt man in diesen Foren und Blogs auch, wer eigentlich hinter der prognostizierten Abschaffung des Euro-Bargelds und der – in der Tat ja äußerst bedenklichen – Datensammelwut von Google, Amazon, Facebook & Co., die diversen Geheimdienste von NSA über GCHQ bis FSB nicht zu vergessen, steckt. Es werden hier alle Puzzleteile sorgsam in eins gefügt und ein intentionaler, kausaler Zusammenhang hinterlegt. Wer hernach als zentrale, weltverschwörerische Steuerungseinheit zur Auslöschung unserer abendländischen Kultur identifiziert wird? Man glaubt es kaum, es ist ein alter Bekannter: „das internationale Finanzjudentum“.

Der ewige Jude. Scheint einfach nicht totzukriegen zu sein. Und jetzt macht er auch noch gemeinsame Sache mit dem Muselmanen, der in dem gewaltigen muslimischen Migrationstsunami Europa flutet. Völlig klar, dass da „anständige, ethnische Deutsche“ ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten müssen, „nur weil sie öffentlich die Holocaust-Lüge entlarven“. Aber es besteht Hoffnung, denn der „bereits zum Untermenschen heruntergeschändete deutsche Mensch steht noch einmal auf“. Und am Ende des Kampfes wird „das künftige Deutsche Reich nur von ethnischen Deutschen und authentischen Europäern besiedelt werden“.

Die Sozialpsychologie weiß seit langem, dass Täter auf ganz menschlich-allzumenschliche, intuitive Rechtfertigungsstrategien setzen, nach der sie, wie Steven Pinker sagt, sogar „ehrlich an ihre Version der Geschichte (glauben), wonach sie das unschuldige, seit langem leidende Opfer“ sind. Dies ist hier nicht anders. Ja, es ist sogar geradezu der Prototyp dieses Argumentationsstereotyps: Der Täter handelt in reiner Notwehr, die vermeintlichen Opfer entpuppen sich als die eigentlichen Täter. Und damit, vice versa, die Täter als die wahren Opfer. Durch diese Umkehrung der Verhältnisse wird in einer Art Befehlsnotstand vorauseilend alles gerechtfertigt, was folgen mag – alle Folgen haben demnach die Opfer, die als Täter entlarvt wurden, zu verantworten. Selber schuld.

Durch die vollständig gelungene Internalisierung dieses Argumentationsmusters, bis hinein in die tausendjährigen Begrifflichkeiten, glauben diese ‚anständigen Deutschen’, völlig unbelastet von jedem Selbstzweifel, ganz aufrichtig an die unumstößliche, historische Gültigkeit ihrer Annahmen und Analysen. Fast schon notwendigerweise muss ihnen da jedwede gegenteilige Argumentation als schlagender Beweis für ihre Richtigkeit erscheinen. Eine perfekt gelungene Strategie und hermetisch geschlossene, monadische Denkstruktur: Es werden aus der Sicht des ‚seit langem leidenden Opfers’ streng monoperspektivisch nur noch die Fakten wahrgenommen, die genau in die eigene Argumentationskette passen. Ein konsistente Bestätigung der eigenen Position, Prognosen und Urteile ist die zwangsläufige Folge. Self-fullfilling prophecy der perfiden Art.

Wer sich jetzt leicht wohlig-schaudernd wie bei einem skandinavischen Sonntagabendkrimi im Zweiten zurücklehnt und meint, dies sei ein randständiges Phänomen, das ihn nicht weiter betrifft, sollte sich seiner Sache nicht allzu sicher sein. Denn auch wenn hier Argumentationen und Begrifflichkeiten in einer Form auftreten, die zur Gänze in geradezu grotesker Weise mit den propagandistischen Argumentationen und Begrifflichkeiten eines Joseph Goebbels übereinstimmen, heißt es durchaus nicht, dass es sie nicht auch sprachlich und argumentativ als gut verträgliche, leicht verdauliche und bildungsbürgerlich hübsch angerichtete Kost gibt.

Die Sorge der Bürger, die die Frage umtreibt, ob es denn die Sache wirklich wert sei, „die Rettung von Menschen aus einem Kulturraum, der uns Christen und Mitteleuropäer traditionell verachtet oder gar hasst“, in welcher Form auch immer weiter zu betreiben, wo dies letztlich aber doch nur „Unfrieden, Gewalt und Kosten bringt und unsere Lebensqualität absenkt“, muss ernst genommen, bedacht und bewältigt werden. Dringend, bevor es zu spät ist. Aber die vielen durchaus zu Recht besorgten und verängstigten Bürger, die eine solche Frage seit Monaten immer drängender umtreibt, sollten sich ihrerseits in einer ruhigen Minute, selbstkritisch und in aller Ernsthaftigkeit, einmal die Frage stellen, wie weit sie denn de facto noch von jenen völkischen Denkmustern entfernt sind.

"Menschen mit einer vorgefassten Meinung lassen sich fast nie von gegenteiligen Informationen überzeugen. Fakten dringen nicht mehr zu ihnen durch – und sie interessieren viele Menschen auch nicht mehr."

Es bleibt nur inständig zu hoffen, dass der SWR-Intendant Peter Boudgoust mit dieser Ansicht voll umfänglich unrecht hat.

Dienstag, 8. März 2016


Ein Gespenst geht um in Europa


"Menschen mit einer vorgefassten Meinung lassen sich fast nie von gegenteiligen Informationen überzeugen. Fakten dringen nicht mehr zu ihnen durch – und sie interessieren viele Menschen auch nicht mehr."
Peter Boudgoust, SWR-Intendant (Interview März 2016)

Georg Christoph Lichtenberg war ein Meister des geschliffenen und vor allem des kurzen, prägnanten Wortes. Er konnte, wie kaum ein anderer, einen geistreichen, scharfsinnigen Gedanken rhetorisch brillant, ganz pointiert in einem Satz fassen. Wahre Geistesblitze und Gedankensplitter, kunstvoll in Wortspiele und Anspielungen gebettet, voller Ironie und intellektueller Tiefe.

Er notierte seine Aphorismen, Kondensate lang gehegter und gepflegter Gedanken, in Schreibhefte, die er voller Selbstironie „Sudelbücher“ nannte. Wie prophetisch. Verweist doch dieser Titel inzwischen gänzlich unironisch auf das Gedankengut, das sein müder, nachlässig zwischen Tür und Angel dahingeworfener digitaler Abklatsch, der Tweet, derzeit an die Oberfläche spült: „Twitter“ als Sudelbuch der Moderne.

Leider entblöden sich auch manche Politiker nicht, mehr auf Tweets denn auf Aphorismen zu setzen. So auch Erika Steinbach. Besagte Sprecherin für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat dieses Medium bereits seit Jahren für sich entdeckt, sich dabei aber leider nicht Lichtenberg zum Vorbild genommen. Schade eigentlich. Stattdessen reüssiert sie in regelmäßigen Abständen mit recht sinnfälligen Aussagen. So 2012, als sie sich sprachlich gewitzt von den Nazis distanzierte, indem sie, schwupps, deren Ansichten in die Nähe von Rot-Rot-Grün rückte: Sie enttarnte die Nazis als linke Partei, schließlich hieß diese ja „Nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei". Eine fürwahr entwaffnende Logik.

2014 gelang ihr der nächste Coup, als sie kurzentschlossen mit einer Argumentation in die Multi-Kulti-Diskussion eingriff, die an Deutschlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ. „Es geht nicht um Islamfreundlichkeit, sondern um Menschenfreundlichkeit. Koran ist nicht frauenfreundlich, damit nicht menschenfreundlich." Punkt. Aus. Ende der Diskussion. Eine kategorische Absage an jeden überkonfessionellen Dialog durch die Sprecherin für Menschenrechte.

Vor kurzem überraschte sie die Öffentlichkeit mit einem neuen Meisterwerk, in dem sie das Elend Hunderttausender, ihre Flucht und Vertreibung, mit der Horrorvision maximaler Überfremdung, dem Verlust abendländischen Identität und dem endgültigen Ende unserer Lebensqualität kontrastierte. Damit bedient sie sich bewusst eingängiger Stereotypen, die sich im Netz wie bei einer Polymerase-Kettenreaktion in kürzester Zeit tausendfach kopieren:
„Die CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach hat mit einem Tweet öffentliche Empörung ausgelöst. Steinbach hatte am Wochenende auf Twitter unter der Überschrift "Deutschland 2030" ein Foto von einem kleinen blonden, hellhäutigen Kind geteilt, das von dunkelhäutigen Menschen umringt wird. Unter dem Bild steht: "Woher kommst du denn?".  (ZEIT, 28.02.2016)

Dankenswerterweise weist die ZEIT noch darauf hin, dass dieses Foto im Netz nicht allzu neu ist. „Unter anderem findet man es auf der Seite der rechtsradikalen Plattform volksbetrug.net.“ Zufall? Vielleicht. Selbst Kardinal Woelki wurde es zu viel. Das schüre nur Ängste und spalte die Gesellschaft, so Woelki. Diese Entgleisung „spricht Steinbachs Amt als menschenpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion Hohn“. Wie wahr.

Die Drohkulisse der Überfremdung. Sie ist ein Appell an niedere Instinkte, bedient archaisch-dumpfe Urängste vor dem Fremden, Anderen, Unbekannten. Vergessen ist, dass die Geschichte der Bibel selbst eine Geschichte der Flucht und Vertreibung ist. Adam und Eva. Noah. Abraham. Jakob. Josef. Mose. Maria, Josef und Jesus. Alles Fremde in der Fremde. Ohne Heimat, bestenfalls geduldet. Flucht und Vertreibung allenthalben, eine ‚Flüchtlingsinvasion’ von konstituierender Bedeutung für unser christliches Selbstverständnis.

Wie lautet der Komplementärbegriff zu „Überfremdung“? Reinheit. Der Nation. Des Volkes. Der Ethnie. So raunt es derzeit ausgerechnet im erzkatholischen Polen. In Ungarn. Tschechien. In der Slowakei. Und auch schon wieder hier, bei uns. Es wird nicht mehr nur sprachlich ausgegrenzt, sondern auch wortwörtlich. Kein muslimischer Fuß auf deutschen Boden. Und der nächste Schritt? Die Geschichte lehrt uns, dass die Kennzeichnung des Fremden eine Variable ist, die je nach Gemengelage mit der Gruppierung besetzt wird, die gerade opportun ist. Heute ist es der Moslem, morgen der Rom. Dann lässt der ewige Jud’ auch nicht mehr lange auf sich warten. Und die Verfasser solcher Zeilen, Gutmenschen, Nestbeschmutzer, Vaterlandsverräter, hat manch einer sicher auch schon im Visier.

Um das zu wissen, genügt bereits ein kurzer Blick in die diversen Foren Asozialer Medien. Hier werden wieder einmal in unschöner Tradition simplifizierende, herrlich eingängige Gegensätze gepredigt. Wir, ihr. Deutsch, undeutsch. Gut, böse. Denn „jede Propaganda hat volkstümlich zu sein und ihr geistiges Niveau einzustellen nach der Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten unter denen, an die sie sich zu richten hat.“ Und weiter: „Damit wird ihre rein geistige Höhe um so tiefer zu stellen sein, je größer die zu erfassende Masse der Menschen sein soll.“ Vielsagende Einsichten eines gewissen Herrn Hitler.

Wer angesichts der unleugbar dramatischen Entwicklung auf der Balkanroute statt im Sinne christlicher Nächstenliebe zu handeln die christlichen Werte bedroht und sogar – Spengler lässt grüßen – den Untergang des gesamten christlichen Abendlandes kommen sieht, sollte, falls er sich nicht doch den „Beschränktesten“ zurechnet, für die Hitler seine Blaupause der Manipulation entwarf, einmal kurz innehalten, um sich als mündiger Christ mit Kant und Bloch zu fragen: Wo komme ich her? Die Orientierung sollte ihm nicht schwerfallen: ex oriente lux. Aus dem Osten kam das Licht, die Erleuchtung, das Christentum. Christus, gepriesen von der Welt, die Gestalt annahm in den magoi apo anatolon, den drei Weisen aus dem Morgenland.

Wir sollten sensibel sein. Viel zu viele höhlen gerade zentrale christliche Werte und Begriffe demagogisch aus. Laden sie völkisch auf, widmen sie um, missbrauchen sie für ihre Zwecke. Sie inszenieren eine Drohkulisse, bei der das imposante Bühnenbild einer Gefahr für abendländische Kultur und Hemisphäre gerade groß genug ist, um darin die reale, völlig nachvollziehbare Angst des besorgten Bürgers um sein überschaubares Umfeld zu betten. So bekommt die ganz persönlich empfundene Bedrohung jedes Einzelnen seine angemesse Dimension, speist sie sich doch nun mal aus der Überhöhung. Übersteigerung. Mystifizierung. Sie wird so lange irrationalisiert, bis keine rationalen Argumente mehr verfangen.

Auch nicht in der Mitte der Bevölkerung. Also bei all denen, die sich reflektiert genug wähnen, um vor einer derartigen Instrumentalisierung gefeit zu sein. Zu denen sich sicherlich auch jene CSU-Lokalpolitiker aus dem bayrischen Zorneding zählen, die Ende letzten Jahres einen deutschen Pfarrer kongolesischer Abstammung rassistisch beleidigten. Auch ihnen, wie Frau Steinbach, sei im Vertrauen gesagt: Wer fremdenfeindliche Klischees bedient, schwächt sich selbst. Und stärkt die Extreme. Die leidvolle Bestätigung dieser historischen Erfahrung durfte gerade eben erst der slowakische Ministerpräsident Fico, ein Sozialdemokrat übrigens, machen. Das Ergebnis seiner Strategie: Marian Kotleba, der Chef der offen faschistischen LSNS, der sich von seinen Anhängern ganz ungeniert ‚Führer’ nennen lässt, zieht mit 8% ins Parlament ein. Glückwunsch.